The Gun Club – Miami/Death Party/The Las Vegas Story :: Sexy Bestie

Jeffrey Lee Pierce war die Gestalt, auf die das neue Jahrzehnt gewartet hatte. Das Debüt „Fire OfLove“ führte Blues und Punk zusammen; der Gun Club war 1981 eine Sensation in der Musik-Szene von Los Angeles. Pierce, ein drogensüchtiger Freak aus Salt Lake City, übertraf sogar die Glam-Metal-Typen an Lebensverachtung, Zerstörungswut und sexuellem Appetit. Doch der Wilde, ein Zwitter aus Marion Brando und Debbie Harry, war für amerikanische Verhältnisse ein Intellektueller, der sich für Geschichte interessierte und für Spielzeug. Er las Bücher, wenn er nicht gerade besoffen oder stoned war – was allerdings zunehmend seltener vorkam. Die Selbstauslöschung des Jeffrey Lee Pierce endete im Jahr 1996 in seinem Elternhaus, drei Jahre nach der letzten Platte des Gun Club, die bei einem Label in Hamburg erschienen war.

Das Spätwerk des Gun Club ist elegisch und ergreifend; vor ein paar Jahren wurden die letzten Alben um „Lucky Jim“ bei einer holländischen Firma neu aufgelegt. Die Anfänge – ohne „Fire Of Love“ sind jetzt von Cooking Vinyl neu ediert worden. Pierce heulte und jodelte von Beginn an, und der Psycho-Blues tobte im Rahmen eines eng abgesteckten Konzeptes; „Mother Of Earth“ ist ein Abstecher zur Country Music. „Miami“von 1982 war schon ein Klassiker, als die Platte herauskam, sofern es das gibt. „Carry Home“, „A Devil In The Woods“, „Watermelon Man“, „Texas Serenade“ und die erschütternde Version von John Fogertys „Run Through The Jungle“ waren in jenem Jahr der letzte Schrei – es war auch der Beginn der modernen Americana. Chris Stein, Gitarrist der von Pierce bewunderten Blondie, produzierte „Miami“; Ward Dotson spielte Gitarre, Rob Ritter den Bass. Eine Musik wie Teufelsbeschwörung, tief aus dem Süden, von Dämonen besessen, ein grausliches Ding aus dem Sumpf.

Im Jahr darauf erschien die EP „Death Party“(3,5) – einerseits ein Appendix, andererseits eine bemerkenswerte Stilübung. Pierce nahm seinen Gesang zurück, kanalisierte auch den Krawall der Musiker Jim Duckworth und Dee Pop. Im Vergleich waren diese fünf Stücke handzahm. Doch führten sie zu dem nächsten großen Streich, der kontrollierten Wut von „The Las Vegas Story“ (4). Mittlerweile hatte Pierce die legendäre Besetzung mit Kid Congo Powers, Terry Graham und Patricia Morrison engagiert und schrieb wie aus einem Guss grandiose Songs wie „Walkin‘ With The Beast“, „The Stranger In Our Town“, „Bad America und „Give Up The Sun“. Im Jahr 1984 war das nicht nur in Amerika unerhört – auch in Europa freuten sich nur die Eingeweihten über diesen Wahnsinn. Man sprach von „Underground“.

Alle Platten wurden um je eine CD mit einem Konzert-Mitschnitt aus der jeweiligen Phase ergänzt, die allerdings dumpf tönen. Man hört auch den Vorgriff auf das Stück „I Hear Your Heart Singing“, das Pierce erst 1990 aufnehmen sollte. So vielen Konzerten man auch beigewohnt hat nie wird man den irren, entrückten Ausdruck im Gesicht von Jeffrey Lee Pierce vergessen.

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