The John Scofield Band – Überjam: Der erweckte Jazz-Gitarrist mischt jetzt mit Grooves jeden Club auf

Endgültig verrockt geworden, oder was hat ein Rhythmusgitarrist zu suchen an der Seite des Jazz-Großmeisters? John Scofields neues Lineup ist Konsequenz einer Entwicklung, die Puristen missmutig verfolgen. Nicht ganz unschuldig: die Tochter des Gitarrenhelden mit dem ultrakühlen Knurre-Sound. Vor knapp fünf Jahren hat sie ihn auf eine Band aufmerksam gemacht, die ihr im Vorprogramm von Phish aufgefallen war: „Fast alle meine Freunde mögen Medeski, Martin & Wood.“ And so did Sco.

Seit er wenig später mit den drei Musketieren des Wurlitzer & Hammond-Grunge-Funk sein Überraschungs-Opus „A Go Go“ veröffentlicht hat, darf man bei John auf alles gefasst sein, was verschärft groovt im weiten Funk-Feld von Rhytm’n’Blues bis Drum’n’Bass. Das war auch beim Nachfolger „Bump“ nicht anders und gilt erst recht für „Überjam „.

Mit dem „Über“gitarristen jammten im Studio Musiker, die er auf der „Bump“-Tour schätzen gelernt hatte. Nicht zufallig erinnert die Situation an den späten Miles Davis, in dessen Band Scofield wichtige Erfahrungen gesammelt hat: Immerhin drei junge Groove-Fanatiker weben am trendtauglichen Teppich, über dem der Altmeister relaxed abheben kann und mit viel Biss einen auf sparsam machen.

Am Rhythmuskollegen Avi Bortnick, fern jeder Konkurrenzdenke von Charlie Hunter empfohlen, schätzt ein Gitarrist wie Scofield, dass der samplefreudige Groove-Knecht ihm willig die Soli überlässt. Den Bassisten Jesse Murphy rühmt er für schwer vereinbare Qualitäten: überbordende Energie und den Ordnungssinn eines Verkehrspolizisten. Dass sich die reformierte Average White Band so einen bungster wie Adam Deitch ans Schlagzeug geholt hat, leuchtet spontan ein, wenn man hört, wie er überjammend den HipHop-Jungle aufmischt und sogar mal etwas Rap beisteuert.

Alarmierend trocken die „Animal Farm“, abenteuerlich die „Jungle Fiction“, raffiniert asiatisch getönt der Opener „Acidhead“ mit John „Psychedelic“ Medeski am Mellotron. Dagibts kaum was zu remixen: Sco mischt auch so jeden Club auf, der reif ist für den oft schrägen, meist tanzbaren, stets coolen „Überjam“. Da kann der Plattentitel noch so blöd nietzscheanisch herumblödeln – ist ja sogar etwas dran.

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