The Marquis de Tren & Bonny Billy – Get On Jolly
Alle Alben, EPs, Maxis und Singles von Will Oldham besitzen zu wollen, ist – zumindest in unseren Breiten – quasi unmöglich. Kaum ein anderer der wirklich großen Songwriter ist so kreativ, kaum ein anderer veröffentlicht in so vielen unterschiedhehen Formaten – und kaum ein anderer wird so schäbig importiert. Aber manchmal, in den seltenen Momenten des Glücks, trifft man im Plattenladen seines Vertrauens dann doch auf ein Scheibchen von Palace, Will Oldham oder Bonnie „Prince“ Billy und freut sich, als sei man zehn und der neueste Harry Potter liege auf dem Gabentisch.
Dieses Jahr erreichen uns in unserer spätherbstlichen Melancholie gleich zwei Will-Oldham-Platten. Beides Kollaborationen mit jeweils kongenialen Partnern, eine schöner als die andere. Und schon schimmert wieder Hoffnung am wolkenverhangenen Himmel.
Zunächst ist da die Maxi ^411 Most Heaven“: vier Songs, allesamt Oldham-Kompositionen, produziert von Rian Murphy, der sich gleich die gesamte Indie-Prominenz ins Studio holte: Bill Callahan singt mit, Steve Albini ist dabei, und Jim O’Rourke hat alles arrangiert Und so klingt es auch. Nie waren Oldham-Songs so orchestral, so verführerisch. Nichts erinnert an Bonnie „Prince“ Billys großartiges Folk-noir-Meisterwerk Jl See A Darkness „, eher denkt man an einen betrunkenen Brian Wilson, der einige „Pet SoiWs“-Outtakes vorträgt. Kein Text, eher Lautgedichte mit Titeln wie „Fall
Again“, „Fall And Raise It On“, „Song Of Most“ und „Song Of All“. Wahrhaft erhebend. * * Die Texte vom Mini-Album „Get Onjolly“ sind dagegen nobelpreisverdächtig – ach, was sage ich, sie wurden bereits 1913 mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet! Es handelt sich um Adaptionen der Texte des bengalischen Dichters Rabindranath Tagore. Mystikmumpitz! Erleuchtungselegien! denkt man da. Doch nichts davon, eine Zeile wie „My life can only break out in songs that have no purpose“ hätte Oldham nicht besser hingekriegt, und auch bei Tagore lodert irgendwo noch die Hofihung – vielleicht sogar ein bisschen heller. Hinter dem Moniker The Marquis de Tren And Bonny Billy verbirgt sich im Übrigen neben Oldham noch Mick Turner (The Dirty Three), der eine Gitarre spielt, dass man heulen könnte. Orgel, Harmonium und Akkordeon unterstreichen den kontemplativen Charakter der sechs Stücke, allesamt eher Meditationen als Songs.
Zehn neue Oldham-Kompositionen nach der Heiligsprechung durch Johnny Cash („I See A Darkness“), was will man mehr. Da kann einem die Lightkultur von Merz bis Backstreet Boys getrost schnuppe sein. ,^4ll Most Heaven“ und „Get Onjolly“ – Opulenz und Meditation, Oldham und Murphy, Marquis de Tren und Bonny Billy. Festlich.