The Merry-Go-Round – The Definitive Collection

Außergewöhnlich guten Geschmack bewies die Folk-Rock-Band Fairport Convention bei “ What We Did On Our Holidays“ mit der Auswahl so obskurer Bob-Dylan- und Joni-Mitchell-Kompositionen wie „I’ll Keep It With Mine“ und „Eastern Rain“. Noch ungenierter hatte man guten Geschmack demonstriert, als man sich ein Jahr vorher für das Debüt neben Dylan-und Mitchell-Songs bei den Vorlagen großer Kompositionen von vergleichsweise unbekannten Namen wie Leonard Cohen, Tim Buckley, Harvey Brooks und Emitt Rhodes annahm. Das von Ian Matthews gesungene „Time Will Show The Wiser“ war ein bravouröser Einstand, bei dem Gitarrist Richard Thompson und Duett-Partnerin Judy Dyble eine richtig gute Figur machten.

Was damals hierzulande mit Sicherheit kaum jemand wußte: Das vom kalifornischen Quartett The Merry-Go-Round gelieferte Original war eine mindestens so superbe Aufnahme mit einigen der wunderschönsten Harmoniegesänge diesseits von Beach Boys, Beatles, Beau Brummeis und Byrds.

Schlagzeuger und Baßgitarrist hatten 1966 vorher eine Zeitlang in der ersten Gene Clark Band „volontiert“, zu hören auch auf der LP mit den Gosdin Brothers. „Rubber Soul“ hatte bei allen vier sehr nachhaltigen Eindruck hinterlassen, Leadgitarrist Gary Kato aber nicht davon abgehalten, eine ziemlich originelle eigene Spielweise zu entwickeln. Er tat sich mit Emitt Rhodes, Kumpel an derselben Schule (beide erst 16, aber da hatte Rhodes längst eine ganze Reihe Songs geschrieben), zusammen.

Für A&M war das Quartett eine so vielversprechende Investition wie Buffalo Springfield für Atlantic oder Love für Elektra. In Los Angeles katapultierte die Debüt-Single „Live“ Merry-Go-Round auf Anhieb an die Spitze der örtlichen Hitparaden. Die B-Seite mit den rückwärts gespielten Gitarren – Produzent und Tonmann trauten sich was – war so erstklassig realisiert, daß Fairport Convention auf dieses tolle Stück Pop-Ballade aufmerksam wurden. Vielleicht noch größer war das auch als Single veröffentlichte „You’re A Very Lovely Woman“, noch so eine Hommage von Emitt Rhodes an sein Idol Paul McCartney, hier eine große an den von „For No One“.

Die nächste Nr. 1 in LA. und der hinreichende Grund dafür, weiter mit Kollegen wie Jimi Hendrix Experience, Doors, Big Brother & The Holding Company und Electric Prunes auf Tournee zu gehen. Rhodes schüttelte große Songs wie „On Your Way Out“ nur so aus dem Ärmel. Das war ganz klar „seine“ Band wie dann Creedece Clearwater die von John Fogerty. Als sich Gary Kato bei einem Song wie „Low Down“ noch klar an Beatles ca. „Help!“ im allgemeinen und George Harrison im besonderen orientierte, schrieb der kleine melancholische Pop-Meisterstücke, und als A6?M aus Singles-Seiten und Studio-Outtakes ein LP-Debüt mit dem absolut dämlichen Titel „You’re A Very Lovely Woman —- Live“ zusammenstellte, war der Weg zur Solo-Karriere vorgezeichnet.

Interesse an dem zur Kultfigur mutierten Mann weckten Mitte der 90er Jahre vorübergehend die Oldies-Labels Varese Sarabande mit „Listen, Listen“, einer Label-übergreifenden Retrospektive seiner Aufnahmen, und Demon/Edsel mit „daisy-fresh from Hawthorne, California“, 23 Aufnahmen für Dunhill Records. Diese neueste Retrospektive von Rev-Ola konzentriert sich ganz auf seine Aufnahmen für A&M – mit und ohne Merry-Go-Round aus den 60er Jahren. Der Hidden Track – die Nr. 30 eigentlich zum Schluß — ist ein Demo von „California Girls“, heimlich an den Mono-Mix von „Time Will Show The Wiser“ angehängt. Wie sich das für ein so sentimentales Sammerteil gehört, sind die Liner Notes höchst informativ.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates