The New Pornographers – Twin Cinema
Laut Carl Newman soll man von den New Pornographers als Kollektiv sprechen, nicht als Band; zu individuell sind die Karrieren hinter Kanadas Indie-Superhelden-Ensemble, zu stark die Charaktere, zu sporadisch die Zusammentreffen. Nach Sängerin Neko Case hat mittlerweile auch Newman selbst seinen kreativen Output auf eine Solokarriere ausgedehnt und ein formidables Album hinbekommen („The Slow Wonder“, 2004), und also sind die New Pornographers keine Einheit, die ihre künstlerische Kraft aus der Untrennbarkeit zieht.
Diesen Raum zum Atmen hat man ja schon auf den ersten beiden Platten geliebt, die vor Spontaneität, zwanglosem Miteinander und ungebremster Melodieverliebtheit nur so strotzten. Powerpop ist hier das falsche Wort, weil die Pornographers dafür doch viel zu spleenig sind.
Beim dritten Album nun haben Newman (elf Lieder) und Dan Bejar (drei Lieder) allerdings doch die Reflexion eingeschaltet. Künstlerischer Fortschritt stand auf dem Stundenplan, und so wurden die Kompositionen etwas verschlossener und der Sound durch Fuzz-Gitarren und Donner-Drums eine Spur derber. Nicht immer den Soundtrack für den alternativen Sommer liefern müssen, das wünschen sich die Pornographers und machen sich auf, die Randgänge des eigenen Vermögens auszuloten. An einigen Stellen auf „Twin Cinema“ klingen die entsprechenden Experimente nach Übergang und kommen mutwillig nirgendwo an; anderswo wird ein Fragment schon mal zum ganzen Lied ausgewalzt und der Weg zum Ziel erklärt. Das seltsame „The Jessica Numbers“ hat man erst nach einer längeren Weile zu fassen, der zu Harmonium und Mandoline schunkelnde Spuk-Folk von „Falling Through Your Clothes“ entzieht sich mit seinem seltsamen Liedaufbau.
Sofort betört ist man hingegen immer dann, wenn Neko Case zu singen beginnt, etwa beim seltsam mythischen „The Bones Of An Idol“ oder dem feierlichen „Those Are The Fables“. Insgesamt gilt: Man muß hier mitgehen! Und sich damit abfinden, daß die Pornographers ab jetzt billig nicht mehr zu haben sind.