The Pipettes – We Are The Pipettes
Sie sind einfach unwiderstehlich: Gwenno, Rose und Becki, drei naseweise Mädchen in „Polka Dot Dresses“, mit Stimmen, so frisch und munter, als hätte man das Trio vom Schulhof weg gecastet. Die Pipettes bieten überhaupt das volle Girl-Group-Programm: süß aussehen, synchron tanzen, frech plappern und obendrein noch eine männliche Begleitband in Schlips und College-Strickwesten – The Cassettes. Es sieht also ganz so aus, als hätten wir es hier mit der klassisch verklärten Variante, der Phil-Spector-Definition einer Mädchenband zu tun und nicht mit dem postmodernen Modell der Generation R&B.
Doch die Sechziger sind schon ein Weilchen vorbei und die Unschuld (und, ja, man muss es zugeben: die puritanische Verklemmtheit) der frühen Jahre lässt sich nicht so einfach imitieren, ohne dass es peinlich würde. Also geben die Pipettes gleich zu, dass ihre Inszenierung nur ein Spiel ist, mit einem Musikstil, der noch heute als Inbegriff des Pop gilt. Bobby, der Gitarrist der Cassettes, die sich aus Mitgliedern der Brakes und Electric Soft Parade zusammensetzen, hatte die Idee auf einer Strandparty in Brighton. Die an den Ronettes und Crystals geschulten Songs des Debüts wurden von den Mädchen und ihrer Begleitband gemeinsam geschrieben.
Gleich der erste Song „We Are The Pipettes“ ist ein süchtigmachender Ohrwurm: „We Are The Pipettes, we will drop you in our net / When you’re crying in your bed, you’ll hope we haven’t finished with you yet.“ Nur zu, möchte man rufen, denn die kecken Texte erinnern nun weniger an den Girl-Pop der 6oer als an dessen Widergängerinnen zu Beginn der 8oer Jahre. Vor allem an die ganz frühen Bananarama, als sie mit den Fun Boy 3 „It Ain’t What You Do (It’s The Way That You Do It)“ sangen. Im ebenfalls tollen „Why Did You Stay“ orientieren sich die Pipettes stärker an den pompösen Arrangements von Altmeister Spector und spielen dabei wunderbar mit den nur dezent veränderten textlichen Klischees: „Why did I feel I had to leave you behind/ He was so sweet/ Oh yeah?/Well I’ve had just about enough of sweets.“
Die Single „Pull Shapes“ ist ein Traum von einem Teen-Pop-Song, der nur so lange währen will, wie die Musik nicht aufhört. Es ist der Moment, der hier zählt. Was danach kommt wird man sehen. Sehr stilsicher, sehr clever, sehr POP! Das ganze Album – und auch die Band selbst – scheint permanent zu rufen: Be Young, be foolish, be happy!