The Roots – The Tipping Point

Natürlich ist HipHop an sich eine Two-turntables-and-a-microphone-Disziplin: Die Neuerfindung des Funk als Collage, der Beginn der Postmoderne im Pop. Doch wenn man hört, wie die Roots auch auf ihrem sechsten Studioalbum wieder als echte Band glänzen, wie sie jammen, ohne zu daddeln, wie sie kollektiv auf den Beats reiten, dann bekommt man fast feuchte Augen, so gut ist das. „Don’t Say Nuthin'“ lässt den Beat in einer Endlosschleife stottern, ein Perkussionsensemble trommelt dazu Synkopen, ein Hauch Bombay liegt in der Luft. Rapper Black Tought scheint den Titel wörtlich zu nehmen und nuschelt: „Give it here/ And don’t say nuthin’/ Just give it here/ And don’t say nuthin‘.“ Pure Trance: Immer wieder fordert er den Beat und die Trommler heraus – „Beats bring die best out of me“. Wie wahr.

„Stay Cool“ könnte man auch für eine Produktion der Neptunes halten, weil Sänger Spon so schwer nach Pharrell Williams klingt. „Boom“ ist dagegen ausgesprochen erdig und blickt zurück auf die Anfangstage der Roots: 1987, als die Band noch ein Duo war, und der Jazzschlagzeuger Amir „?uestlove“ Thompson und der MC Tariq „Black Thought“ Trotter ihren HipHop noch in der South Street von Philadelphia spielten.

Dem darauf folgenden „Somebody’s Gotta Do It“ verleihen eine wunderbare Hookline und Jean Grae, die „größten Rapperin, von der ihr noch nie gehört habt“, eine zärtliche Melancholie. Dann kommt das grandiose Finale: Der Rhythmus wird immer bockiger, keilt nach allen Seiten aus. Gerade in der zweiten Hälfte des Albums wirkt die Musik im besten Sinne live – lebendig. Und tatsächlich müssen die Aufnahmen wie eine open stage gewesen sein. Wer gerade in Philadelphia war, schaute rein und spielte mit: der alte Weggefährte Scott Storch, Percussionist Frankie Knuckles oder der Gitarrist mit dem schönen Namen Captain Kirk. Sehr amüsant ist auch der zweite der beiden „Secret Bonus Tracks“: der obskure NDW-Kracher „Trommeltanz – DinDaDa“ von George Kranz. Hier als abstrakt vertrackter Afro-Jazz, der seinem Namen alle Ehre macht.

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