The Schramms – Dizzy Spell
Dave Schramm stammt aus der kleinen Stadt Hoboken. Dort haben die Feelies einst das Schrammeln neu erfunden. Zufall? Natürlich. Denn erstens gibt es das Wort nur so im Deutschen. Und zweitens schrammeln die Schramms gar nicht. Zumindest nicht mehr.
Auf der ersten die Tournee, die die Band 1992 durch hiesige Clubs führte, war das noch anders. Aha, dachte man damals, dieser College-Rock-Look, diese demonstrative Lethargie, dieser Hang zur Monotonie, das kennen wir doch. Schließlich war Dave Schramm einmal Mitglied bei Yo La Tengo. Äußerlich schien ihn nichts zu kümmern, und doch war Leidenschaft in seiner Stimme. Wunderbar, dieser introvertierte Hoboken-Sound! Vertonte Innerlichkeit. Heute, mit dem vierten Album, strebt Dave Schramm weg vom Sound und hin zum Song. Er sucht den heiligen Gral des perfekten Country-Blues-Folk-Liedes. Er würde wohl alles geben für eine Melodie, die ewig währt. Oder für eine Zeile, die man im Kopf mitnimmt wie einen Talisman. Manchmal schrammt Schramm nur ganz knapp einem unvergeßlichen Song vorbei. Aber eine Zeile wie „I can’t run away so I won’t run away“ ist ein bißchen zu einsichtsvoll, um genial zu sein. Schramms Geschichten kippen zu häufig ab ins bloß Private. Womit man nichts Allgemeines verbindet, das bleibt unverbindlich. Damit ist freilich noch nichts gegen die Musik gesagt. Lange 14 Monate hat die Band an dem Album gearbeitet, es ist so sauber produziert und blitzblank poliert wie ein neuer BMW. In ihrer weichen, satten Ausstattung erinnern diese Songs manchmal an die der Crash Test Dummies, was Schramm bestimmt nicht gern hören würde. Aber was ist schon zu sagen gegen eine nach allen Regeln der Songwriter-Kunst gewickelte akustische Mullbinde für die Seele?
Es kommt der Winter. Wir brauchen solche Platten, weil wir keinen Kamin haben.