The Skatalites – Hi-Bob Ska :: Koch 34193-2

Freunde jamaikanischer Roots-Musik sehen die Skatalites gern als karibisches Gegenstück der Hausbands von Stax und Tamla oder dem Stammpersonal des „Muscle Shoal Studio“, jenen nimmermüden Session-Musikern, die Rückgrat und Schrittmacher eines ganzen Idioms waren. Als Ska, ursprünglich eine aus dem Calypso hervorgegangene street music, vom Reggae abgelöst wurde, spielten die Skatalites auf den ersten Aufnahmen von Bob Marley, Tools, Jimmy Cliff und vielen anderen und machten so den Übergang leichter.

Unter eigenem Namen und mit einem Repertoire aus Instrumentals überlebten die Skatalites jedoch nur kurze Zeit – die Aufschrift „3Oth anniversary“ auf dem Cover ist also irreführend. Die Gruppe wurde 1964 gegründet und löste sich 1965 wieder auf, nachdem Don Drummond, Posaunist und wichtigster Komponist der Band, zuerst im Gefängnis gelandet war und dann den Verstand verloren hatte. Die verbliebenen Gründungsmitglieder formierten sich 1983 neu und zeigten nun deutlich, was sie in ihrer Funktion als Backing-Band nur angedeutet hatten: nämlich ihre starken Jazz-Einflüsse.

Auch hier stehen ihnen eine Reihe von Schwergewichten aus dem Jazz-Lager zur Seite. Daß Monty Alexander, Jamaikas Antwort auf Oscar Peterson, mit von der Partie ist, erstaunt nicht weiter, aber die Anwesenheit von Saxophonist David Murray und Trompeter Lester Bowie kommt dann doch etwas unerwartet. Bowie hat für das Art Ensemble Of Chicago und seine eigene Band Brass Fantasy mehrere fake reggaes geschrieben, die meist mit einem Augenzwinkern serviert werden. Hier jedoch zwingen die pumpenden Rhythmen von Lloyd Brevett (Baß) und Lloyd Knibbs (Schlagzeug) den guten Lester dazu, sich auf seinem „Ska Reggae Hi-Bop“ mit Clownereien zurückzuhalten und zu spielen.

Noch überraschender kommt eine neue Version von David Murrays „Flowers For Albert“, das dem Free-Jazz-Propheten Albert Ayler gewidmet ist und auf dem Murray sich heimlich vom Groove weg in den Obertonbereich stiehlt, um dort ein paar Ayler-typische spitze Schreie loszulassen – bestimmt eine Premiere im Ska-Genre. In den liner notes spekuliert Don Snowden kurz über Parallelen zwischen Aylers und Drummonds Schicksal. Toots Hibbert, der hier ebenfalls einen Auftritt hat, könnte Drummond gemeint haben, als er „Split Personality“ schrieb. Hinter der fröhlichen Partystimmung von „Hi-Bop Ska“ wird durchaus ernsthaft nachgedacht.

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