The Stands – All Years Leaving: Band aus Liverpool, mit seidenweichem Pop :: PIAS
Diese Platte wird jedem, der innerhalb der vergangenen 40 Jahre mit dem Gitarren-Pop der Sechziger aufgewachsen ist, ein augenblickliches, glückliches Grinsen schenken. Vom ersten Ton des ersten Liedes an, bedingungslos, noch bevor er die Qualität der Songs, das individuelle Talent des Solo-Gitarristen oder den Gesamteindruck des Stands-Debütalbums bewerten kann und will.
Sie singen zu dritt, seidenweich. Wenn Sänger Howie Payne allein, verstrubbelt, lethargisch und nasal wie Roger McGuinn durch seine Lieder führt, durch brandende Flüsse und Kataloge von sonnengleich scheinenden Frauen, auf die er meistens irgendwo wartet, dann summt der Chor, die Gitarre spielt ein elektrisches Folk-Muster, die Rassel hängt sich ans kleine Schlagzeug, das bei jedem Wirbel bedenklich hin und her schwankt. Das Country&Western-Umpa klingt wieder wie Matrosen-Beat, Blues zieht auf, nur im Walzer „The Big Parade“ wird die ohnehin psychedelische Atmo durch Soundeffekte überdeutlich ausbuchstabiert, und das Streicher-Mellotron an dieser Stelle bleibt das einzige Tasteninstrument auf dem ganzen Album.
Die Band kommt aus Liverpool, was zur Abwechslung mal kein Zufall ist – die Meldungen häufen sich, bezeichnenderweise in Doebelings Singles-Kolumne, von den jungen Gruppen des Liverpooler „Bandwagon“-Freundeskreises namens The Coral, The Bandits, The Zutons, The Basement und anderen. Dass sie alle (anders als die Artisten der verklärten Britpop-Zeit) den Beat und den Byrds-play-Dylan-Stil völlig ohne Modernismen spielen, wird ihnen HipHop von Jürgen Ziemerneben dem Lob der PunstEn viel Häme bringen. Ein Mittzwanziger-Nordengländer muss sich seine Sixties-Plattensammlung allerdings auch erst hart erarbeiten, wenn er sich mit Lockenkopf und weit oben hängender Rickenbacker-Gitarre auf die Bühne stellen will.
Und Magie und Medizin kommen ja nicht automatisch daher, dass man nichts falsch macht. Bevor The Stands richtig groß sein können, müssen sie noch richtig große Songs komponieren. Die werden auch ein bisschen wie Gegenwart klingen, ganz bestimmt.