The Stooges – The Weirdness :: Keine Revolution mehr: stumpfer, ewig gleicher Minimal-Punk
So, Herrschaften, wirwollen jetzt mal den ganzen sentimentalen Scheiß weglassen, der 40-jährigen Punkrockern regelmäßig Tränen der Rührung in die Augen treibt. Die Stooges waren halt einfach zu r richtigen Zeit am richtigen Platz. Sie hatten das Glück, dass Elektra-Boss Jac Holzman sie 1968 unter Vertrag nahm – was er allerdings nur MC5 zuliebe tat. Doch nach „Sgt. Pepper“ und anderen, wesentlich unschöneren Versuchen, Rock’n’Roll als künstlerisch wertvolles Leitmedium fürs junge Bürgertum zu etablieren, waren Songs wie „I Wanna Be Your Dog“ oder „Search And Destroy“ ein unverzichtbares Korrektiv.
Es war die Rückkehr zu primitiven Ritualen, ein Kriegstanz gegen die bürgerliche Gesellschaft und eine Feier dunkler Leidenschaften. Velvet Underground. The Sonics oder die Monks hatten das zwar schon früher und zum Teil auch origineller gemacht. Doch Iggys laszive, fast schon obszöne Art zu singen und der Mythos vom Schmerzensmann, der sich auf der Bühne in Glasscherben wälzt, addierten eine neue Qualität. Die ersten drei Alben der Stooges sind Klassiker ihrer Ära, klingen noch heute frisch und leidenschaftlich. Punkt. Die Frage ist nur: Muss man diesen Sound 150 000-mal kopieren? Gab es seit der großen Punk-Explosion vielleicht doch ein paar Stooges-Gedächtnis-Kapellen zuviel? Ist es aufmüpfig und revolutionär, 30 Jahre lang die gleichen verzerrten Akkorde zu dreschen? Es ist bestenfalls Garage-Punk Vol. 183.
Damit wären wir beim Alterswerk der Herren Pop, Asheton & Asheton und des Neuzugangs Mike Watt. Die Provokation geht heute – da alle so klingen wollen wie die Stooges damals – definitiv andere Wege als früher: 60-Jährige (im Fall Mike Watt: ein intellektueller Ex-Minutemen) führen sich auf wie zurückgebliebene 16-Jährige: „They prick your skin when you’re a kid. They steal your soul and keep it in. And that is why I hate mankind. My idea of fun is killing everyone!“ Den letzten Satz kreischt Iggy noch ein gefühltes Dutzend mal, bis „Idea Of Fun“ dann endlich zuende ist. Ironie, gute jedenfalls, klingt anders.
Im Titelsong „The Weirdness“ und auch bei einigen anderen Stücken trätet Saxofonist Steve Mackay im Hintergrund, eine kleine Abwechslung, so wie damals auf „Fun House“. Doch die Musiker gefallen sich als stumpfe Minimalisten „Raiv Power“, als hätte sich die Welt nicht weitergedreht. Toningenieur Steve Albini hat das Schlagzeug weit nach vorne geholt, und Ron Asheton bemüht sich mit viel Wah-Wah- und noch mehr Verzerrer-Einsatz, genau so manisch zu klingen wie mit Anfang 20. Hilft aber nichts. „Well I never tell for politics or a pussy with disease/ I never spenttime in a uniform, I never loved the human being“, geht Iggys hilflos heiserer Versuch, rotzig zu sein, weiter (in „She Took My Money“).
Das alles hört sich so banal an wie das Treiben in einem x-beliebigen Proberaum: scheppernd, krachend, keine Melodien, keine Magie. Nur der unbeholfene Wunsch, etwas zu wiederholen, was sich niemals mehr wiederholen lässt. Warum habt ihr uns und euch das angetan?