The Temptations – Psychedelic Soul

Als die Schmusekater plötzlich Agitprop und Psychedelik fanden Unter der Anleitung von Motown-Vizepräsident Smokey Robinson hatten sich die Temptations zu einem noch hochkarätigeren Sanges-Ensemble als die Miracles entwickelt. Aber es war ab 1966 Norman Whitfield, der mit Songs wie „Ain’t Too Proud To Beg“, „(I Know) I’m Losing You“ und „I Wish It Would Rain“ die Hits produzierte, mit denen sie das Image der netten Charmeure abstreifen konnten. Das war Herz-Schmerz-Lyrik einer entschieden differenzierteren Variante, die endlich auch das Rock-Publikum zu faszinieren begann.

Sänger David Ruffin war der neue Ruhm so zu Kopf gestiegen, dass er auch als der Größte vor dem Namen der Band genannt werden wollte. Was Motown-Boss Berry Gordy nicht in den Kram passte, sodass Ruffin auf Solo-Kurs einschwenkte und Whitfield dem umbesetzten Ensemble ein komplett neues Image verpasste. Drei Jahre vor Marvin Gayes „What’s Going On“ machten die Temptations mit seiner Komposition „Cloud Nine“ Soul Music zu einer Form des aggressiven musikalischen Protests. Frommes Gesülze wie, „My Girl“ war deswegen noch nichtvollkommen passe.

Aber das war’s definitiv nicht, was Whitfield für die Zukunft vorschwebte. Er peilte denselben Crossover-Erfolg an wie Sly & The Family Stone. Ab sofort waren Wah-Wah-Pedal, abgrundtiefer Bass, Psychedelik-Eftekte und jede Menge der Motown-Tradition fremde Experimente im Studio angesagt. Phase 2 der Temptations-Karriere dauerte vier Jahre, in denen Svengali Whitfield sein Quintett genau genommen als Erfüllungsgehilfen seiner Ideen instrumentalisierte, dabei aber auch zu einer Band gleichberechtigter Sänger formte, so vorübergehend auch alle Egoprobleme ausräumte. Sie befeuerten sich gegenseitig frenetisch bei „Don’t Let The Joneses Get You Down“, übten Call/Response ganz neu bei „I Can’t Get Next To You“, waren in grandioser Form bei „Psychedelic Shack“.

Auf dieser Doppel-CD versammelte man alle großen Aufnahmen dieser Jahre – bis auf Just My Imagination“, weil das nicht in das thematische Konzept dieser Retrospektive passte. Schade trotzdem. Denn zum einen benutzte man hier zur Überspielung konsequent die besten Stereo-Abmischungen. Außerdem auch nicht die Single-Edits oder kürzere LP-Fassungen, sondern die (teils bislang nicht veröffentlichten) Langfassungen von „Psychedelic Shack“ und, „Papa Was A Rolling Stone“.

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