The Unthanks – Here’s The Tender Coming :: Zeitlupen-Folk
Es hat sich einiges verändert seit dem dunklen Meisterwerk „The Bairns“, auf dem Rachel Unthank & The Winterset alte unheilvolle Folksongs spielten und beglückende Versionen von Bonnie „Prince“ Billys „Minor Place“ und Robert Wyatts „Sea Song“ darboten. Aus dem Damen-Quartett ist eine gemischtgeschlechtliche Band mit Schlagzeug und Bass geworden. Doch da der Gesang von Rachel Unthank und ihrer Schwester Becky noch immer im Zentrum der Musik steht, war ein Bandname schnell gefunden: The Unthanks.
Die Musik ist einen Tick heller geworden auf „Here’s The Tender Coming“, oder – wie die Künstler selbst sagen „a warmer calmer shade of sad“. Die beiden ungleichen Schwestern eröffnen a-cappella – Rachel spröde, Becky lieblich – mit dem Traditional „Because He Was A Bonny Lad“. Doch so beschwingt geht es nicht weiter, schon das nächste Stück, „Sad February“, hat wieder die schwere Melancholie einer Sandy Denny. Die Streicher und Bläser heben gemächlich an, die Songs entfalten sich in Zeitlupe. Das betörende „Annachie Gordon“ nimmt sich ganze acht Minuten Zeit, bis es in voller Pracht erstrahlt. Das nachfolgende „Lucky Gilchrist“, eine Komposition des Pianisten, Schlagzeugers und Rachel-Unthank-Ehemannes Adrain McNally, wirkt danach wie ein lockerer Sufjan-Stevens- Popsong.
Doch das im Arrangement an „Eleonor Rigby“ erinnernde „The Testimony Of Patience Kershaw“ nimmt das Tempo gleich wieder heraus. Neben dem tieftraurigen, impressionistischen Lal-Waterson-Cover „At First She Starts“ ist dies wohl der größte Moment auf „Here’s The Tender Coming“, das insgesamt ein bisschen gefälliger erscheint als „The Bairns“. Doch in den besten Stücken entdeckt man mit jedem Hören neue subtile Wendungen und Details, hinter denen sich ungeahnte Schönheit und Tiefen verbergen.