The Waterboys – Karma To Burn
Die Waterboys waren schon eine vollendete Band, als 1984 „A Pagan Place“ erschien, als monströse Songs wie „Church Not Made With Hands“, „The Big Music“, „Red Army Blues“ sogar das Pathos von U2 übertrafen, freilich auch deren Musikalität. Mike Scott wollte Bläser, wollte Geigen, wollte Dramatik und Leidenschaft und keltische Melancholie. Das Feuer und die Spiritualität von Van Morrison, gebrochen durch die enigmatische Erotik von Patti Smith, dazu die Ekstase von Jimi Hendrix. Neben diesen Säulenheiligen – und neben sich selbst – duldete er keine Götter, die Besetzung wechselte stetig, die Launen pendelten, nach zwei Solo-Alben folgten wieder Waterboys-Platten, keine so guten allerdings.
Die Pilgerschaft durch irische Landschaften, die Scott zu „Bring ‚Em All In“ (1995) und “ Too Close To Heaven“ (2001) inspiriert hatte, ist eine Sinn- und Gottsuche, von der auch die Konzerte erfüllt sind. „Glastonbury Song“ handelt davon, „Long Way To The Light“, „The Pan Within“. Sind dies ohnehin wunderbare Lieder, so inszeniert Scott sie hier mit aller Kraft, mit Orgel, elektrischen Gitarren, Violine. Pejorativ gesprochen: „Karma To Burn“ ist voll Bombast, Optimismus, Erlösungshoffnung. Rock’n’Roll ist bei Mike Scott religiöse Inbrunst, seine Stücke sind ebenso naive wie überwältigende Mantras. Seine Stimme raspelt, schmiert ab, bricht, schmachtet, predigt. Die Musik kennt keine Pausen, Scott lauscht nicht der Stille. „The Pan Within“ dehnt er auf 13 Minuten, aber es sind herrliche 13 Minuten.
Aufgenommen wurden die Stücke in England und Irland, 2003 und 2004. Wehmütig denkt man daran, daß dieser Mann seinem Publikum bei der langen Wanderung fast abhanden kam. Doch seit „A Girl Called Johnny“ – einem olympischen Beginn! – hat er niemals enttäuscht. „This Is The Sea“, „Fisherman’s Blues“, „Room To Roam“ und „Bring ‚Em All In“ waren Stationen einer artistischen Passion, die Scott immer weiter ins Abseits führte (statt ins Licht!).
„The Return Of Jimi Hendrix“ ist eine für Scott typische Hommage, zugleich eine wüst fabulierte Phantasie. So muß man diese Platte hören: als Erinnerung und Feier und Vorstellung eines gewaltigen, berauschenden Waterboys-Konzerts vor Tausenden. Am Ende spielt die Band, die du immer bewundert hast, auch in deiner Nähe. Sie ist deshalb nicht weniger großartig.