The Wave Pictures :: Berlin, Kater Holzig

Der Herr in der Sirtaki-Uniform unterhält sich gerade. Die Arme hat er vor der Brust verschränkt, ihm gegenüber sitzt so einer im Anzug mit teurem Halstuch. Sirtaki sieht irgendwie mehr aus wie ein Kosake. Und von weiter hinten hört man die ersten Töne der Wave Pictures.

Zwischen den vielen Freaks mit Herzsonnenbrillen, Speedy-Eyes, selbstgedrehten Zigaretten mit roten Filtern und seltsamen Frisuren geht es durch den Backstein-Innenhof des beliebten Berliner Abenteuerspielplatzes Kater Holzig direkt zur Spree. Davor steht dann so was wie eine Bühne. Also eigentlich Holzbretter, die aber direkt in die Holzbretter übergehen, auf denen die Zuschauer sitzen und stehen und tanzen.

So nah wie hier war man den Bands vielleicht das letzte Mal mit 15 Jahren im heimischen Jugendzentrum. Jedenfalls haben die Wave Pictures jetzt einen zweiten Gitarristen. Der dudelt, raucht und gibt Leuten mit Nasenpiercings, die danach fragen, sogar mitten im Song eine Zigarette. Er schaut die meiste Zeit unter seinem Fischerhut auf den Boden. Kleine Rauchwölckchen tuckern angemessen würdevoll vom Hut über den Kopf des Sängers David Tattersall in den Himmel. Tattersall ist gerade damit beschäftigt das Solo von „Seagulls“ besonders schief, aber auch besonders schnell zu spielen. Währenddessen fährt die S-Bahn in Richtung Alexanderplatz auf der anderen Seite des Ufers hinter den Musikern vorbei. Es dämmert dazu. Ein Schlagzeugsolo. Noch ein Gitarrensolo. Joints werden glühend herumgereicht, und alle sind so selig melancholisch.

David Tattersall hat die Gabe, jeden beliebigen Dur-Akkord wie den traurigsten Moll-Griff klingen zu lassen. Er jault dann von Haaren, die von der Mitte des Schädels wie Nudeln herunterfallen („Spaghetti“). Dieser kleine Kerl, der immer aussieht wie Anfang 20 in seinem zu großen, grünen Hemd, hat die größte Freude daran, Schabernack zu singen. „I wrote my name on a banana peel/ There should always be a meal with my name on it.“ Danach kommt der Barbershop-Harmonie-Gesang vom Rest, Franic Rozycki spielt den Dum-Dum-Dum-Bass und Jonny Helm das Um-ta-ta-Schlagzeug.

So geht das eine Stunde lang – und manchmal, wenn man wegschaut, dann hört man die Violent Femmes, nur irgendwie schöner. Wahrscheinlich, weil trauriger eben häufig schöner heißt. „Come On Daniel“, schunkelt die Band mit den vielen Menschen im Chor. Ein Boot fährt untertourig den Fluß hinauf. Der Kapitän winkt. Er torkelt. Und von den Brettern tuckern weiter Wölkchen.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates