The X-Files
„The beat generation changed the world“: Das Axiom ist schon mal Quatsch, aber das schadet ja nichts. Denn William S. Burroughs, der mit „10% – File Under Burroughs“ gefeierte Knallkopf, hat auch immer Quatsch geschrieben und ist dafür berühmt. Interessanter als seine von diversen Drogen ebenso inspirierten wie ruinierten Werke war das Tellsche Experiment, das seiner Frau das Leben kostete. Noch heute schießt der knorrige Greis unterm Kopfhörer auf Zielscheiben, und wenn er Pause macht, dann spricht er wirres Zeug zur Musik von Cobain oder den Disposable Heroes Of Hiphoprisy. Oder von R.E.M.
Die lassen ihn über „Star Me Kitten“, eines der schönsten Lieder von „Automatic For The People“, lebensmüde Betrachtungen krächzen, und dabei fällt Burroughs ganz selbstverständlich in einen übermütigen Singsang. Das geschieht auf dem Soundtrack zu der Fernsehserie „X-Files“, die in Deutschland als „Akte X“ bei Pro 7 wenig Aufmerksamkeit erregt. Das beste an den „Fällen des FBI“ ist natürlich die Musik: vorwiegend unveröffentlichte Songs von Soul Coughing, Foo Fighters, Filter, Frank Black, Meat Puppets, Nick Cave, Screamin‘ Jay Hawkins, Elvis Costello und Brian Eno. Alles ziemlich gut, besonders die Verbrechens-Experten Cave und Hawkins, sogar die alles Bösen unverdächtige Sheryl Crow – und auch der feiste Frank Black scheint wieder Ideen zu haben. Aber „Star Me Kitten“, dieses verträumte Schlaflied mit dem abschweifenden, verlorenen Geknarze – das, meine Damen und Herren, lohnt den Kauf.
Der Sampler „10% – File Under Burroughs“ enthält zum einen (unter „Beats“) den Dank der hier so genannten „Dance Generation“ an den psychedelischen Übervater. Bomb The Bass, Scanner, Material und die Islamic Diggers dröhnen ewige Wahrheiten wie „William Burroughs Don’t Play Guitar“.
Zum anderen – auf der zweiten Seite („Beat“) des Doppel-Albums – kommen Verehrer zu Wort: Der Literat Herbert Huncke spricht zu Chuck Prophets Gitarrenspiel „I Travelled Most Of The Road“, Marianne Faithfull singt mit den Master Musicians Of Joujouka „My Only Friend“, John Cale spielt das wunderbare, „Dying On The Vine“ von „Artificial Intelligence“ („Or a million Burrroughs praying for lost times“), Paul Bowles berichtet von „Visiting Gysin’s Studio“. Bryan Gysin selbst erzählt „From Here To Go“, Burroughs ergänzt komplementär „For Here To Go“. Getrommel & Gerede. Aber wo ist nur der Professor Timothy Leary, der seine Altersmedizin („zwölf Liter Lachgas, drei Straßen Koks“) empfiehlt? Jedenfalls ein angemessen konfuses Hörspiel. Beat it.