Thea Gilmore – Avalanche :: Hungry Dog
Das Gesicht und die Gesten sagen wieder dasselbe: Rühr mich bloß nicht an. Lasst Ihr mich mal alle in Ruhe, ich komme schon allein zurecht. Und das stimmt ja auch: Thea Gilmore ist 23, dies ist ihr fünftes Album in vier Jahren, und die Songs sind wieder famos. Das Magazin „Uncut“ nannte sie jüngst „the best female singer/songwriter of the last ten years and then some“, im Grunde könnte sie zufrieden sein. Aber dann wären solche Lieder wohl nicht mehr drin. Lieder, die beißen und kratzen – und deren herbem Charme man am Ende doch jedes Mal erliegt.
Die Britin scheut sich nicht, von den „devils in the detail“ zu berichten – die Welt, die sie sieht, ist nicht fair, aber dass sie daran zugrunde gehen könnte, muss man nie befürchten. Beim packenden Finale von „Rags And Bones“ wird ihre Stimme ganz schneidend: „And now the candles flickered out/ The walls have been built/ And they are racking up the weapons/ Of blood and piss and guilt“. Es klingt gar nicht ordinär, nur ziemlich resigniert.
Doch gleich das nächste Stück, „Have You Heard?“, stellt alles wieder auf den Kopf: Da zählt sie alles Böse auf, was man über den Zustand der Erde sagen könnte, singt das aber so sanft, dass man trotzdem auf die Wende zum Guten wartet. Die dann nicht wirklich kommt. So funktionieren die meisten Geschichten von Thea Gilmore: Sie bleiben nie schwarz oder weiß, negativ oder positiv. Sie enden fast immer anders, als man denkt. Wenn man überhaupt weiß, worum es geht.
Dass Gilmore diesmal noch ein bisschen mutiger mit Computern spielt, zur Gitarre noch mehr Cello, Hammond und Keyboards hinzukommen, macht erstaunlich wenig Unterschied. Man hört sowieso vor allem auf die Stimme, sobald sie anfangt, von diesem „Pirate Moon“ zu schwärmen, der ihr den Weg weisen soll, oder den langweiligen „Mainstream“ zu beschimpfen. Mit dem sie ohnehin niemals etwas zu tun haben wird, weil sie viel zu aufrichtig ist. „No I’m not after crashing parties/ I want your cobwebbed soul/ And believe me/ Heads will roll.“ Aber nur die der Dummen.