Thin Lizzy :: Jailbreak (Deluxe Edition)

In neuen, erweiterten Editionen: die Alben der glänzenden Hard-Rock-Fabulierer um Phil Lynott

Es liegt eine große Tragik in der Geschichte dieser 1969 von Phil Lynott, Eric Bell und Brian Downey gegründeten Band. Trotz größerer Erfolge und einer Reihe guter Alben bleibt auch 25 Jahre nach Lynotts Tod der Eindruck, dass Thin Lizzy ihr massives Potenzial nur selten ausspielen konnten. Nun liegt der frühe Katalog der unterschätzten irischen Band in teilweise aufwendig gestalteten Neu-Editionen vor.

Begonnen hat alles mit „Thin Lizzy“ (***), „Shades Of A Blue Orphanage“ (**) und „Vagabonds Of The Western World“ (**1/2). Jene frühen Alben sind interessante Dokumente einer Band auf der Suche. Die Musiker experimentierten mit Stilen, spielten eine bisweilen obskure und überaus jamlastige Mischung aus Jazz, Blues, Rock und Folk ohne klare Linie. Die Neu-Edition des Debüts enthält den von der Band wenig geliebten frühen Hit „Whiskey In The Jar“, der offiziell nie auf einem Album erschienen ist, sowie Liner Notes und weiteres Bonusmaterial – wie übrigens alle hier besprochenen Re-Releases.

Der klassische Lizzy-Sound nahm Gestalt an, als Mitte der Siebziger die Gitarristen Scott Gorham und Brian Robertson kamen. Das beste Studio-Album der Band, „Jailbreak“, etablierte 1976 endgültig jene gedoppelten Lead-Gitarren – neben Lynotts Gesang das wesentliche Lizzy-Trademark. Eben noch rechtzeitig: Nach mehreren erfolglosen Alben und einem zwischenzeitlichen Labelwechsel stand die Band mit dem Rücken zur Wand. „Jailbreak“ brachte die nicht mehr erhoffte Wende und zwei internationale Hits: den Titelsong und das bis heute von den meisten Leuten mit Lizzy assoziierte „The Boys Are Back In Town“. Songschreiber Phil Lynott hatte sich endgültig gefunden in jenen Tagen: Von einem bisweilen unerfreulichen Faible für abstruse Sagen, die keltische Mythologie und Sci-Fi-Schmuh abgesehen, war Lynotts Talent als Storyteller im Hard-Rock einmalig. Mit großem Hang zum Drama erzählte er seine Liebes-, Outsider- und Verlierergeschichten mit wild schlagendem Herz und großer Zärtlichkeit.

Auf „Jailbreak“ folgte das groovelastige „Johnny The Fox“ (***1/2). Beide Alben gewinnen deutlich durch die Neubearbeitung. Ein generelles Lizzy-Problem war, dass die Studio-Aufnahmen der Band im Vergleich zu den hochenergetischen Konzerten seltsam blutleer klangen. Ein Umstand, der durch das Remastering deutlich korrigiert wurde. Dennoch gilt das ebenfalls im Digipak neu aufgelegte „Live And Dangerous“ (*****) zuRecht als überzeugendste Aufnahme im Lizzy-Katalog. Nie klangen „Still In Love With You“, der „Cowboy Song“ oder „Southbound“ ergreifender als hier.

Danach gelangen weitere gute, wenngleich zunehmend erfolglose Alben. Aufgerieben zwischen Drogensucht, Tourneen und Umbesetzungen, löste sich die Band 1983 auf. Phil Lynott, der große irische Schmerzensmann, Sänger und Soulman, starb 1986 an den Folgen seiner Sucht. Er wurde 36 Jahre alt. Bis heute ziehen Brian Downey und Scott Gorham mit einem Haufen Mucker durch die Clubs und spielen unter dem Namen Thin Lizzy seine Songs. Eine unwürdige Veranstaltung. (universal)

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