Tom Liwa – Two Originals Of Tom Liwa

Ende letzten Jahres im Hamburger Schlachthof: Tom Liwa hatte gerade mit seiner Schrammelband No Existe all seine Songs zerstört und im Punk-Outfit notdürftig wieder neu zusammengesetzt, einige neue, explizit politische Stücke eingestreut. Eine Radikalisierung. Als versuche er, das zu zerstören, was er scherzhaft das „Tom-Liwa-Feeling“ nennt, um auszubrechen aus dieser Konstruktion namens „Ich“.

Münster, Luna-Bar, im Frühjahr, eines dieser Solo-Akustik-Konzerte, die in letzter Zeit viel an Humor und Gelassenheit hinzugewonnen haben. Tom Liwa sitzt allein auf der Bühne und spielt den neuen Song „Tal der nackten Männer“. Neuneinhalb Minuten lang, musikalisch nah an einer Akustik-Version von „Cortez The Killer“, schmückt Liwa seinen Erinnerungsraum aus, hängt Profanes neben poetische Bilder wie dies wohl sonst nur der große Van Morrison vermag. Duisburger Jugend um 1975.

Zwei Bilder vom performing artist Tom Liwa, die mit seinen zwei neuen Alben (zum Preis von einem) aufs Schönste korrespondieren. Da ist zunächst das wunderschöne, akustische „Ich reite ein Pferd, auf dem sonst nur Frauen reiten „, mit sparsam instrumentierten Songs, die über fast alles im Liwaschen Songkatalog hinausstrahlen, wenn man ihnen Zeit lässt. Thematisch kreisen diese Autorenlieder allesamt um Erinnerung, Identität, Suche und Liebe: etwa der weise Protestsong „Kylie und Jochen“, das Liebeslied an die Tochter „Finemine“ und natürlich „Tal der nackten Männer“.

Auf dem zweiten Album „Nostalgia No Existe“ hört man einen bis zur Heiserkeit radikalisierenden Tom Liwa. Auch hier versichert er sich immer wieder seiner selbst, doch jeder Schrei scheint die Grenzen des Ich zu sprengen. Hier steht Liwa nicht als Songschreiber, sondern als Teil der Band No Existe. „Nostalgia NoExiste“ ist Gemeinschaft, Interaktion, Politik, Religion – und Experiment.

Zwei Alben für die Orte, an denen die Lichter der Großraumdiskotheken nicht zu sehen sind.

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