Tom McRae

Stumme Songschreiber-Andacht: Hier kommt keiner lebend heraus Major Tom lässt sich entschuldigen: „Teil all my friends, I’ve gone to the moon“, der definitiv letzte Funkspruch. Dabei sitzt er nur oben im zwölften Stock, im windstillen Raum hinterm Fenster, wo sein Körpergewicht nicht an ihm zerrt und er trotzdem alles gut beobachten kann. Wie der Biologe in Michel Houellebecqs „Elementarteilchen“, d er sich darüber wundert, dass er nichts mehr fühlen kann. Planet earth is blue, and there’s not hing I can do.

Demnach gibt es hier auch keinerlei Bekenntnisse, obwohl die von einem Pfarrerssohn wie Tom McRae ja doch zu erwarten gewesen wären. Der Mann ist 27, wohnt in London und hat sich dort den Ruferspielt, heitere Pub-Gesellschaften mit wenigen Songs in stumm starrende Andacht zu stürzen.

Noch verheerender wirkt McRae auf Platte, wenn Streicher ihren Pesthauch dazupusten, wenn Klaviertöne durchs Zwielicht schleichen und der Sänger in schmerzhaft präsentem Tenor klarstellt, dass hier keiner lebend rauskommt. In „You Cut Her Hair“ greift er sogar selbst zum Messer.

Um ein jüdisches Mädchen zu rächen, das er in Dachau auf einem Foto gesehen hat. Oder aus betrogener Liebe, das ist unklar und gut so.

Ansonsten muss man die Konsequenzen selbst ziehen. Den Verliebten empfiehlt Tom McRae in „Hidden Camera Show“, ihre Gefühle zu verbergen. Dem Geschwätz der Menschen soll man nicht glauben, denn alles ist Doku-Soap – so spricht nicht etwa der dumpfe Medienkritiker, sondern einer, der vom hohen Fenster aus präzise und unmelancholisch beobachtet: Wer das eigene Leben als Nebenrolle in einem schlechten Film begreift, muss sich nicht zerrissen fühlen. Das Gift gegen die Leiden der Postmoderne.

Dass er ein schlauer Mann ist, weiß Ibm McRae ganz genau. „If hell is in the detail, babe, I’m a microscope“, singt er schließlich, aber dabei verkennt er die Gefahr, den Blick für die echten Größenverhältnisse zu verlieren. Und Besuch ist eher unerwünscht bei ihm da oben: Die Haustür ist hermetisch zu, da ist nichts, was einen reinziehen könnte in diese Musik. Alles windstill.

Nicht mal ein Bild, das man in den nächsten unruhigen Traum mitnehmen könnte.

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