Tracy Bonham – The Burdens Of Being Upright und Lisa Germano – Excerpts From The Love Circus :: Island / Mercury, 4AD / RTD

Zweimal weibliches Songwriting, und das Wort „stark“ ist hier scheinbar nur noch Ironie. Gut – wenn es denn auch tatsächlich so gemeint wäre. Denn in Zeiten, wo sich für die Marketing-Heinis der Plattenfirmen Joan Osborne auf PJ Harvey reimt, sollte doch vorsichtiger mit diesem Adjektiv umgegangen werden.

Oder amüsiert. Wie Tracy Bonham es für ihr erstes langes Album tut. „The Burdens Of Being Upright“ hat sie es betitelt, und auf dem Coverfoto stemmt sie – in Unterhemd und Arbeitshandschuhen – eine Pyramide Bausteine auf den Schultern. Die Endzwanzigerin zeichnet hier ihren beschwerlichen Weg zum ersten Album nach, singt – jetzt allerdings ironiefrei – von Blut, Dreck, Wahnsinn, vom Hinfallen und Aufstehen, während ihre, sagen wir ruhig: kraftvolle Phrasierung irgendwo zwischen Kurt Cobain und Liz Phair schwingt.

Das Eröffnungsstück „Mother Mother“ erzählt von den Leiden der Abnabelung, in „Kisses“ schluchzt Bonham: „She kisses harder than me/ I guess I’m not that hungry.“ Passable Initiationspoesie. Aber man wird das Gefühl nicht los, daß sich Tracy Bonham mit diesem schwer rockenden Album gleichsam durch die Hintertür einen Platz auf dem Olymp der starken Frauen sichern will. Anyway, „Amica“-Käuferinnen werden sie lieben.

Lisa Germano hingegen will nun wirklich nicht als starke Frau erscheinen. Ihr bereits drittes Album „Excerpts From The Love Circus“ beweist das einmal mehr. Im Song „Lovesick“ muß sich die gebeutelte Protagonistin von ihrem Lover, diesem Schwein, die Frotzelei „You’re not Yoko Ono“ anhören. Was meint: Hey Babe, du bist leider nicht stark genug für mich. Lisa, die Verlassene.

Während die Amerikanerin auf ihrem letzten Album „Geek The Girl“ den Antagonismus von männlicher Macht und weiblicher Ohnmacht in einem Vergewaltigungsszenario zur bedrohlichen Klimax treibt, zeigt sie sich heuer nur noch weinerlich. Die dreckigen Beschimpfungen, die sie ihren boyfriends zukommen läßt – siehe „I Love A Rot“ – können die Larmoyanz nicht wirklich übertünchen. Und die Soundscapes, die das verhuschte Geschöpf zu ihren Lyrics schafft, klingen wie die Untermalung von Flashbacks in Hollywood-Melodramen: Irgendwo marschiert ein Spielmannszug durch einen Traum, und auf einem Glockenspiel klöppelt jemand „Jingle Bells“. Das ist alles verdammt einnehmend arrangiert, hat jedoch zur Folge, daß es sich gemütlich in den Ruinen von Germanos Psyche einrichten läßt. Süßer die Neurosen nie klangen.

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