Tracy Chapman – Tellinq Stories :: Comeback der sanften Protestlerin mit modernerem Instrumentarium
Für die junge Fraktion da draußen: Tracy Chapman war der Shooting-Star 1988. Drei Grammys, mehrfach Platin! Eine leibhaftige Protestsong-Johanna von Cleveland (Ohio) in der Acid House-Saison, die mit sanfter, doch entschlossener Stimme von Revolution sang und Romantik und Gewalt „Behind The Wall“ und später auch für Nelson Mandela und gegen
Waffenkultur, bevor sie sich den „Matters Of The Heart“ (Albumtitel 1992) zuwandte und die Bilder immer beliebiger und banaler wurden. „New Beginning“ brachte sie 1995 wieder ins Geschäft, klang aber eher wie alte Enden, notgedrungen verknüpft.
„Telling Stories“ reaktiviert nun die Kooperation mit ihrem ersten Produzenten David Kershenbaum. Der redet von „innovativ“, und Chapman von „the benefit of modern technology“. Doch den Worten folgen Taten nur in Form eines hi-fidelen Klangbilds und wirklich dezent und selten platzierter Drum-Loops. Erst im Schlussdrittel ihres fünften Albums entpuppt sich die mangelnde Risikobereitschaft als Stärke. Da hat man schon einiges hinter sich, eine Hochzeit („Wedding Song“) und auch eine Beerdigung („Unsung Psalm“), allerlei Liebesqualen („Less Than Strangers“, „It’s OK“) und Erkenntnisse wie die, dass unsere Erinnerung partiell nur Lücke (und somit auch Lüge!) sein kann und das liebe Geld nur Papier und Tinte. Und wir alle zu Grunde gehen, wenn wir Letzteres nicht wahrhaben wollen.
So was kann wohl nur jemandem einfallen, der genug davon hat (vom Geld). Doch im irisch versetzten „Paper And Ink“ manifestiert sich auch schon die späte Stärke des Albums. Und die baut ganz auf wenige Arrangement-Handgriffe, die Stimme und Sentiment gleich stark machen, die das religiös bebilderte Liebes-Mantra „Devotion“ ebenso tragen wie das Requiem „The Only One“ (Backing-Vocals: Emmylou Harris). Und erst recht – abschließend – das eher tröstliche denn mit dem Geworfensein hadernde „First Try“: Gitarrenpicking, Sitar-Sounds, schwebende Stimmen. Nice try, Tracy.