Travis -The Boy With No Name
Noch einmal entfaltet sich die alte Jingle-Jangle-Magie, klingeln die Gitarren, erhebt sichein ominöses Tosen im Hintergrund: „I had a nightmare/ I lived in a little town/Where little dreams were broken/And words were seldom spoken/ I tried to reach you but all the lines were down/ And so the rain begins to fall/ On this little town.“ Es regnet, es ist kalt, die Liebe hängt in der Luft, wie seit zehn Jahren. Dann kommt „Selfish Jean“, ein Wunder an stampfendem, honigsüßem Sixties-Pop in Spector-Manier mit Glockenspiel und süchtigmachender Melodie und einem Schrei, der direkt von der ersten Travis-Platte stammt, aus „Tied To The 90’s“. Und „Closer“ ist einer jener mit Kopfstimme gesungenen Ohrwürmer, die Fran Healy patentiert hat. Das Cello schluchzt.
Dieses Album will noch dringlicher geliebt werden als die früheren Platten und insbesondere „12 Memories“, das am Ende zerfranste und zerfloss. Hier wird geweint und gestorben und mit offenen Augen in den Himmel geschaut, Schlachtschiffe sinken, Universen explodieren, es wird Nacht und wieder Tag, wir gehen unter in einem Meer aus Liebe. „I’m in love with everything/ With every face I’ve ever seen/And every place I’ve ever been“, singt Healy, der Nicholas Sparks des Pop. So wunderbar gefühlig die Songs arrangiert sind, so wenig betört die Lyrik beim genaueren Blick. Aber das war von Beginn an so bei Travis – Healys Kopfstimme verwandelt schlichte Gebrauchsdichtung in flüssiges Gold. Diese Musik umarmt dich.
Fran Healy könnte uns aber einen Gefallen tun und Lieder wie „New Amsterdam“ vermeiden. Nicht nur gibt es ein tolles Stück von Elvis Costello mit diesem Titel. „Jean Michel Basquiat, Francois Truffaut/ Robert Zimmerman, and de Niro/ Paris, Texas/ End of the world/ New York, New York“ ist keine Poesie, Franny. Ist nur Quatsch.