Twista – Kamikaze

Als vor zwölf Jahren „Runnin‘ Off Da Mouth“ erschien, standen vielen HipHop-Fans die Münder offen: Twista, der sich damals wesentlich treffender Tung Twista (Zungenbrecher) nannte, rappte auf seinem Debüt in einer Geschwindigkeit, die man bis dahin höchstens von Raggamuffin-Raketen wie Daddy Freddy kannte. Er knödelte, stolperte, verdrehte Worte und landete trotzdem immer genau da, wo er hin wollte.

Dann war es lange Zeit still um den Schnellsprecher aus Chicago. Das 1997 erschienene Album „Adrenaline Rush“ war ein Lebenszeichen, aber kein grandioses Comeback. Das ist Twista nun mit „Kamikaze“ gelungen:

Gleich die erste Single „Slow Jamz“ hielt sich wochenlang auf Platz eins der amerikanischen HipHop-Charts. Der vom Wunderknaben Kayne West produzierte Song feiert die aphrodisierende Wirkung von Kuschel-Soul: „Imma play this Vandross/ You gon‘ take your pants off/ Imma play this Gladys Knight/ Me and you gon‘ get right“

Twista hält sich selber garantiert für einen ladies‘ man und Frauenversteher, aber für den Geschmack eines halbgebildeten Mitteleuropäers sind seine Texte ziemlich derb. Immerhin entwickelt der Rapper einen gewissen Proletencharme, etwa wenn er in „Drinks“ Frauen mit Getränken vergleicht: „I know you heard the terms chicks are like cars/ Well I treat bitches like drinks/ When I Step in the dub and by out tha bar/ So let me quench my thirst wit you and a friend/ Instead of the juice and gin/ Why don’t I pour out the drink and you hop in.“ Das ist sprachlich selbst auf die lange Distanz amüsant, zeigt aber auch die Schwierigkeiten der deutschen HipHop-Rezeption – solche Zeilen kann man hier zu Lande eben nicht wirklich 1:1 nachempfinden.

Amüsiert belächeln oder kennerhaft als eine Art Exotika konsumieren, das geht. Doch gerade ein Album wie „Kamikaze“ setzt immer wieder auf ein gut gelaunt verständnisvolles „Jaaa, genau so isses!“ der afroamerikanischen Community, die mit solchen Klischees ganz anders umgeht als ein Europäer. Natürlich hat Twista auch viel Spaß an den typischen Rollenspiele des HipHop: Gangster, Hustler, Lover, Pimp jede Nebenrolle ist hier hochkarätig besetzt: Klar, dass bei der Zuhälterhymne „Pimp On“ einer wie Too Short mitmacht. Und auf der Kuschelwiese von „So Sexy“ räkelt sich R. Kelly mit größtem Vergnügen. Wer gerne tiefergelegte Songs über Frauen hört, die ihren Hintern unendlich lange kreisen lassen können, ist hier goldrichtig.

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