Udo Lindenberg :: Stark wie zwei

Der Deutschrock-Altvordere ist zurück und nein, es gibt nichts Neues

Man traf sich wieder im Hotel Atlantic zu Hamburg und trank mit dem „Mann mit dem Hut“ ein „Kräuterteechen“ (und einige wohl auch mehr). Es galt, einen jahrelang Verfemten oder bestenfalls Belächelten auf breiter Front als großen alten Mann der deutschen Rockmusik zu rehabilitieren. Da musste selbst der angejahrte „Scary Moniters“-Witz herhalten.

Tatsächlich fängt es gut an. Doch „Ich zieh meinen Hut“ — eines dieser selbstreferenziellen Udo-Durchhaltelieder — verschenkt sein Potenzial ohne Not an einen banalen Kitschrefrain. „Wenn du durchhängst“ ist dann „Baby wenn ich down bin“ Nummer 386: Lindenbergs ewiges Idealbild der Geschlechterbeziehung als sizilianisches Freundschaftsmodell mit gelegentlichem Sex und größtmöglicher Freiheit für ihn selbst, wie sie ihm privat nie auf Dauer gelungen ist.

Vielleicht das größte Problem: Der Mann, dereinst „der Tod der Shit Parade“ dichtete, macht seit Jahren selber Schlager. Sein ohnehin anfälliger Bullshit-Detektor ist spätestens seit „Horizont“ außer Betrieb. Ob er deshalb den Stab aus der Hand gegeben hat? Ausgerechnet Ich + Ich-Produzent Andreas Herbig schrieb dem Sänger mit seiner Mannschaft einen Haufen Autopilotensongs auf den Leib. Trotzdem ist — bis auf das schicke Maximo Park-Cover — alles wie immer. Was für Lindenbergs starke Persönlichkeit spricht – oder gegen Herbigs Vorstellungen von moderner Rockmusik.

Was früher Helen Schneider oder Eric Burdon waren, sind heute der ewig nölende Salonlinke Jan Delay, die chronisch gutgelaunte Silbermond-Chanteuse Stefanie Kloß, Till Brönner und Helge Schneider (das Gaga-Duett „Chuby Checker“ — ein Höhepunkt).

„Mein Ding“ kommt dann mit der nur gering variierten Bridge des ’76er „Satellit City Fighter“ und ist eines der Lieder mit Teilen des Panikorchesters. Bertram Engel, Steffi Stephan, Jean-Jacques Kravetz und Henrik Schaper klingen witzigerweise auch nicht altbackener als die jungen Leute an anderer Stelle.

Es gibt Lichtblicke: „Nasses Gold“ — Thema: Alkohol, mit Kurzzitaten aus Lindenbergs Schnaps-Poesie von „Alkoholmädchen“ bis §Johnny Controletti“ – ist das ergreifendste Lied. Oder – wieder Alkohol, wieder mit den Panikern: „Woddy Woddy Wodka“ mit der schönen Zeile: „Es ist wieder wie Apollo 13, und er fühlt sich wie Tom Hanks.“ Anschließend tanzt Udos ureigener Major Tom allerdings „immer schön der NA-SA nach“. Humor ist manchmal vielleicht wirklich, wenn man trotzdem lacht.

Schließlich reitet der Cowboy, pardon: der Astronaut dem Sonnenuntergang entgegen. Geputzt kriegt er sie freilich nicht mehr. Und Las Vegas ist weit.

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