Van Morrison – Magic Time

In einem großen deutschen Feuilleton wurde neulich Mark Knopfler zum neuen Messias erhoben, kurz darauf das aktuelle New Order-Album als Gegenmodell zu all den „Hypes“ der letzten Jahre gefeiert Es kann sein, daß dies einfach nur auf die Krise der mittleren Jahre des jeweiligen Autors hindeutet, doch vielleicht ist es auch symptomatisch: Das ganze System steckt in der Midlife Crisis, steigt langsam vom Gipfel seiner Potenz, man sehnt sich nach Kontinuität und Sinn.

Und wer wäre da als Gewährsmann geeigneter, als der Meister der Kontinuität (in der Musik nennt man sowas gerne „zeitlos“) und Sinnsuche selbst: Van Morrison. Seit Jahrzehnten macht er „sein Ding“. Es wundert einen kaum, daß auch auf „Magic Time“ wieder der bereits vor anderthalb Jahren verstorbene irische Gitarrist Foggy Lyttle dabei ist, so sehr ist es aus dem Raum-Zeit-Kontinuum gefallen.

„Magic Time“ beginnt manierlich, zeigt aber bald einen Van Morrison, den man gemeinhin nicht so schätzt: den bellenden Mucker mit Hut, der Standards intoniert oder doch zumindest Stücke, die klingen, als seien sie bereits gut abgehangen. Seine Intonation auf „Keep Mediocrity At Bay“, „This Love Of Mine“ und „I’m Confessing“ läßt eher an Tony Clifton, das Alter ego des amerikanischen Dada-Entertainers Andy Kaufman, denken als an den Meister der Kontemplation. Irgendwo dazwischen: „Evening Train“, ein Song, den Solomon Burke relativ inspirationsarm auf „Make Do With What You Got“ coverte, der hier aber zum ersten Höhepunkt gerät Die magische Zeit bricht erst mit „Just Like Greta“ an: „Well I guess Fm going A.W.O.L./ Disconnect my telephone/ Just like Greta Garbo/ I just want to be alone.“ Morrison läßt die Weh und somit auch die Bierzelte und Muckerkneipen – hinter sich. „Gipsy In My Soul“ und „The Lion This Time“ sind noch ein bißchen besser. Wenngleich man sich nie ganz sicher ist, ob man diese Songs so schätzt, weil sie den Beginn des Albums aufheben und an die guten Momente des Morrissonschen Spätwerks erinnern oder weil sie außerhalb dieses Kontextes große Songs sind. All denen, die die letzten beiden Alben schätzten, wird das egal sein, und sie werden auch „Magic Time“ mögen, der Rest hört weiter „Common One“. „Carry on regardless, just to satisfy your soul“, lautet Van Morrisons Maxime. Ganz sicher zeitlos.

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