vinyl
John Fahey
Requia (Vanguard/sonet)
Als Kind, so Fahey, habe er täglich „cerebral symphonies“ komponiert und natürlich nur lückenhaft memoriert. Später taten ihm dann die geliebten und doch oft genug malträtierten Gitarren den Gefallen, ihre Körper in den Dienst der Erinnerung daran zu stellen. „Requiem For Russell Blaine Cooper“ ist ein solcher Rückgriff. Cooper, ein Großonkel Faheys, lieferte Takt und Ton: „The song sounds to me like the way he talked.“ Mississippi John Hurt, Faheys Haupt-Inspirator, der im November 1966 gestorben war, wird auf diesem 1967 erschienenen Album gedacht, doch ist „Requiem For John Hurt“ nur die erste von etlichen Totenmessen für den Blues-Poeten aus Avalon, die Fahey in den folgenden Jahren verfassen sollte. Exzellent remastered, Faksimile-Cover, feine Pressung. 3,5
Nick Drake SecondGrace (Resolution)
Bereits die zweite Bootleg-LP aus Italien mit „alternate versions and unreleased songs“ des früh verschiedenen, weil zu spät gewürdigten Folk-Impressionisten. Nein, Bootlegs werden in dieser Kolumne kein Forum finden, doch kommt das Material für diese Serie ganz offiziös aus dem familiären Umfeld des Künstlers, verletzt kein Copyright und steht in allen gut sortierten Plattenläden. Im Übrigen dürfte an den spartanischen Home Recordings nur ein harter Fan-Kern Interesse haben. Einiges hier bleibt fragmentarisch, die Instrumentals sind fahrig, ein kaum verständlicher „Dialog“ gibt Rätsel auf. Ein paar von Drakes besten Songs, darunter „Parasite“ und „Fly“, sind in reduzierten Versionen zu hören, der Klang ist dünn. 2,0
Cat Stevens
Mona Bone Jakon (ISLAND/UNIVERSAL) „Matthew And Son“ war nur die strahlendste einer Kette von Pop-Perlen, die Cat Stevens in den Sixties für Deram in die Charts bugsierte. Zu Beginn der neuen Dekade freilich war er die Rolle des Dandys leid, häutete sich und wurde zum Singer-Songwriter mit Bart und Wuschelkopf, Kummer im Blick und Barmen im Lied. Konkurrenzlos sensibel. Was Millionen Mädchen auf den Plan rief. „Mona Bone Jakon“ fängt den Moment der Häutung ein, ist noch Pop und schon Troubadour-Tralala. Die Minne von „Lady D’Arbanville“, die Problematisierung in „Pop Stars“, alles verströmt den naiven Charme jener unschuldigen Tage. Flötend begleitet von Peter Gabriel Danach kam „Tea For The Tillerman“, die ultimative Mädchenplatte, ebenfalls gerade wiederveröffentlicht von Universal in gediegener 180g-Edition. 3,0
ChetBaker
RoundMidnight
Die Mid-Sixties waren eine lausige Zeit für Jazz im Allgemeinen und für Chet Baker im Besonderen. Sein Hang zur Selbstzerstörung hatte Tribut gefordert, gesundheitlich wie musikalisch. Bakers Ruf war ramponiert, und er schätzte sich glücklich, wenn ihm ein gut bezahlter Gig angeboten wurde. Wie der in Pueblo, Colorado, wo die Live-Aufnahmen zu dieser Doppel-LP 1966 entstanden. Baker spielte Flügelhorn, weil seine Trompete gestohlen worden war und er nicht die Mittel hatte, für adäquaten Ersatz zu sorgen. „It’s so hard to play“, klagte der Künstler, spielt hier aber phasenweise oberhalb von Routine und Pflicht. Sieben Tracks, darunter das Titelstück von Thelonious Monk und „Milestones“ von Miles Davis. Für Aficionados. 3,0
The O’Jays
Back Stabbers (PHILADELPHIA INT /CLASSIC) Die O’Jays aus Ohio konnten bereits auf eine lange Bandhistorie zurückblicken, als die Philadelphia-Magier Kenny Gamble und Leon Huff 1971 anklopften. Eine Kollaboration, die sich nicht nur kommerziell auszahlen sollte. „Back Stabbers“, arrangiert von Thom Bell, katapultierte das Trio in den Soul-Olymp, etliche (musikalisch meist mindere) Hits folgten, darunter das auf der Debüt-LP ebenfalls vertretene, sendungsbewusste „Love Train“. 180g-Premium-Pressung. 3,5
Sly&The Family Stone
Fresh (EPic classic) Nachdem die wichtigeren Sly-LPs wie „Stand!“ und „There’s A Riot Going On“ in verbesserter Qualität zugänglich gemacht wurden (die um rund zehn Mark billigeren Standard-Pressungen bleiben im Angebot), ist mit „Fresh“ das letzte Aufbäumen der Family Stone nun auch in optimaler, mit knapp 40 Mark nicht einmal teurer Form zu haben. Die Musik schwankt zwischen beherzt, bemüht und leicht behämmert. 2,5
Count Five
PsychoticReaction {double shot) Fünf 18-, 19-jährige Jungs aus San Jose, California, nutzten im Herbst 1966 die Gunst der Stunde und ließen ihrem Top-5-Hit ein Album folgen, das damals wie ein Dampfhammer klang, aus unhistorischer Sicht heute jedoch eher lahm. Eine Killer-Single, zwei Who-Cover, acht Knallerbsen aus eigener Züchtung. Garage Punk, anybody? Leider schlechter noch gepresst als seinerzeit das Original. 3,5
The Jam
In The City (universal) Geht hoch wie eine Bombe in Wardour Street. Maximum Mod-Pop in Zeiten von Disco und Punk, messerscharf. The Jam waren keine Szene-Anhängsel. Paul Wellers Songs bezogen ihre Struktur aus den Sixties und ihre Power aus dem Jahr der Revolte: 1977. „In The City“, „Away From The Numbers“, „Bricks And Mortar“ sind Wutgeheul und konzise Pop-Statements in einem. Zwei Jahre später waren sie unschlagbar. 4,0