Whole Lotta Zep

LED ZEPPELIN (1969)

Die unerbittlichen Schläge am Anfang von „Good Times Bad Times“, mit denen die Platte losgeht, zeigen gleich, wo der Hammer der Götter hängt: Das britisch Prollige, die Prügel-Attitüde und das hahnenhaft Angeberische schienen Led Zeppelin von Beginn an mehr am Herzen (oder knapp drunter) zu liegen als die Verinnerlichung schwarzer Musik. Obwohl sie sich hier noch relativ eng am Sound zeitgenössischer Blues-Bands entlangbewegen und Zitate verwerten, sind die Kraft und Dynamik teils atemberaubend. Mit „Black Mountain Side“ gibt es sogar ein kurzes, von Bert Jansch entliehenes Folk-Instrumental, und das magisch flirrende, dann in die Kettensäge stürzende „Babe I’m Gonna Leave You“ verweist schon auf den kommenden Hit. (3,5)

LED ZEPPELIN II (1969)

Die in Fels gehauenen Trademark-Riffs von „Whole Lotta Love“ und „Heartbreaker“ dürfen nicht darüber hinwegblenden, dass dies als LP keine der größten Zep-Leistungen ist. Eilig aufgenommen bei mehreren Zwischenstopps auf einer kräftzehrenden USA-Tour, war die Band dazu verdammt, einige halbgare Stücke aus dem Bühnen-Programm im Studio zu reproduzieren. Bestens aufeinander eingespielt und mit Kawumms, aber inhaltlich oft diffus (das „Moby Dick“-Schlagzeugsolo wirkt als Studio-Mitschnitt deplatziert) und ungeeignet für strenge Copyright-Maßstäbe. Trotzdem: Nummer eins in UK und USA und eine große Geschäftshilfe für die Gitarrenhändler der Erde. (3)

LED ZEPPELIN III (1970)

Für die damalige Kritik war diese Platte ein leichtes Ziel: Die (fast) konsequent nicht-elektrische zweite Seite wurde als fatale Verweichlichung einer großen Rockband gewertet – obwohl es ja Plants und Pages erklärtes Ziel gewesen war. sich vom Klangbild der zwei Hitalben zu lösen. Mit Ausnahme der markerschütternden Wikinger-Hymne „Immigrant Song“ klingen auch die Zep-typischeren Stücke aufgerüschter als sonst, die Folk- und Bluessongs mit Banjo und Mandoline riechen nach Holzfeuer und haben eine winterneblige Aura, die man der Band bis dahin nicht zugetraut hätte. Legendär: Bonhams quietschendes Bassdrum-Pedal bei „Since l’ve Been Loving You“. (4)

LED ZEPPELIN IV (1971)

All der Größenwahn, der sich als künstlerische Ambition tarnt, all die Verwirrung, die von fern wie Visionsgeist wirkt – es ist fast eine innere Notwendigkeit, dass Led Zeppelins größtes Werk gleichzeitig die am meisten verspottete Platte der Geschichte ist, dass dies der Soundtrack zum „Spinal Tap“-Film sein könnte und einem „Stairway To Heaven“ doch noch beim 500. Mal wie eine kühle Hand die Zentralnerven massiert. Oft gesagt, aber wahr: Den Blitzsturm der ersten Platten und die Novemberwolken ihrer Folk-Manie hat die Band in der unbetitelten Vierten wie Teile eines Fels-Puzzles ineinandergesteckt. Zwischen der viermotorig tobenden Herrlich-Dämlichkeit „Rock And Roll“ und dem „Herr der Ringe“-Berg- und Wiesenlied „The Battle Of Evermore“ liegt nur eine Leerrille. (5)

HOUSES OF THE HOLY (1973)

Wenn sie sich zu arg bemühen, hört man das meist deutlich – was nichts daran ändert, dass die Stil-Experimente auf diesem Album zum besten Teil glückten. Sogar das als schlechter Reggae-Witz gescholtene „D’Yer Mak’Er“ hat Kraft, und nur beim Funk-Versuch „The Crunge“ geht einem definitiv der Hut hoch. Wie eine wurzlige Rockband klingen sie höchstens noch beim T.-Rexigen „Dancing Days“, ansonsten leiten Zep ihren Sounds durch Quecksilber, Landwehrkanäle und Operngläser. Ein glänzendes Mittelwerk. (3,5)

PHYSICAL GRAFFITI (1975)

Was immer man diesen reichen Säcken auch vorwerfen will, die sich zum Zeitpunkt, als dieses Doppel-Album erschien, eh alles erlauben konnten: Led Zeppelin klingen auf „Physical Graffiti“ entdeckungssüchtig und motiviert bis in die Ringfinger, und wenn das nicht so ein Klischee wäre: Der Spaß, den das Spielen ihnen macht, springt förmlich aus den Rillen. Knapp die Hälfte der Stücke sind Überbleibsel von früher, beim Akustik-Blues „Black Country Woman“ hört man sogar das Flugzeug, das über die Köpfe zischt. Auf LP 1 kehren Zep zum 12-Takt-Stoff der Anfangsjahre zurück, den sie jetzt viel souveräner im Griff haben, und in der landschaftsreifen Fülle von großen Blöcken und kleinen Brocken sind es dieses Mal gerade die Experimente, die Denkmäler wurden: das asiatische „Kashmir“, das Stevie-Wonder-eske „Trampled Underfoot“. Spontaneität und ambitionierte Architektur pegelt „Graffiti“ eine absolut traumhafte Balance. Und das Schlagzeug klingt einfach super. (5)

PRESENCE (1976)

Die schwierige Platte, die längst nicht so schlecht ist, wie sie von der Kanon-Kritik gemacht wird. Plant ist kurz nach seinem Unfall nicht in bester Form, kämpft im Sitzen gegen Pages wütende Gitarre. Statt Folksongs gibt es unhöflichen Ur-Rock’n’Roll, den gespenstischen Roadtrip „Achilles Last Stand“, eine blutige Version von Blind Willie Johnsons „Nobody’s Fault But Mine“. Ihr Punk-Album? Wollen mal nicht übertreiben. (3)

IN THROUGH THE OUT DOOR (1979)

Dass Led Zeppelin eine Band waren, die allein kraft ihres Sounds viele Null-Songs zu Krachern machte, zeigt das letzte Album – als Negativbeispiel: Synthie-Streicher und gefällige Produktion (im Studio von Abba!) stören die Chemie, verweigern die Power. Allerdings sind Plants Reflexionen über Glück und Liebe ergreifend. Das erste Mal: Inhaltspunkte für Zep. (2)

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