Willie Nelson – Country Music
Eine seltsame, späte Ironie. Vor vielen Monden kehrte dieser Mann Nashville den Rücken, nachdem er eine Handvoll für andere und die Ewigkeit geschrieben hatte („Crazy“, „Nightlife“ etc.), aber in eigener Sache halbwegs gescheitert war. Um sich dann in der alten Heimat Texas als „Shotgun Willie“ ein bisschen neu erfinden zu können. Jetzt, schlappe 77 Jahre im Bandana, fährt Willie Nelson noch einmal durchs große Scheunentor ein, um in der Hölle des Genre-Geschäfts „meine Definition von echter Country Music“ einzuspielen.
Wie schon in seiner Arbeit mit anderen Genre-Ikonen (B.B. King, Krauss & Plant), sucht Produzent T Bone Burnett (wer sonst?) über das Repertoire noch mal den Funken Neues im allzu Vertrauten. Es spricht für seine Expertise, dass er sogar Willie Nelson mit einem unbekannten Bob-Wills-Song („Gotta Walk Alone“) überraschen kann. Das Gospel-Traditional „Satan, Your Kingdom Must Come Down“ hätte der aber schon kennen können – vom Uncle-Tupelo-Klassiker „March 16-20, 1992“. Nelson/Burnett bremsen, reduzieren und dramatasieren den Song, bis sein Ruf wie ein Gerippe nackt und unabweisbar im Raum steht.
Diese gern auch mal abseitige Songauswahl kommt Nelson und seinem Charakter als Interpret insofern entgegen, als Quasi-Standards wie „My Baby’s Gone“ oder „Dark As A Dungeon“ schon bessere Sänger erlebt haben. Auch wenn ihm etwa „Satisfied Mind“ ganz vorzüglich gelingt. Zwischendurch rumpelt’s auch mal ordentlich („Freight Train Boogie“, „Pistol Packin‘ Mama“), doch bleibt Willie’s „Country Music“ natürlich strikt prä-Rock’n’Roll ohne Schlagzeug. Fiddle, Steel, Standbass, Banjo, Jim Lauderdale singt ein bisschen Background, Ronnie McCoury spielt Mandoline und Willie auch ein bisschen schön verzinkte Willie-Gitarre, hier und da.
Das mit der Country Music, sagt Willie dann doch versöhnlich, sei ja auch „alles Ansichtssache“. Vermutlich würde er auch mit Garth Brooks einen Joint rauchen.