Wooden Leg :: Blue Rose/RTD

Elvis muß verdammt nervös gewesen sein, damals, vor seinem ersten und dann auch einzigen Auftritt im „Ryman“-Auditorium zu Nashville. Schließlich hatte er nicht nur vor, das Publikum mit seiner flotten Rockabilly-Interpretation von „Blue Moon Of Kentucky“ zu verschrecken. Nein, zu allem Überfluß stand der Autor dieses Bluegrass-Waltz auch noch in der Kulisse herum!

Bill Monroe aber beruhigte den Newcomer aus Memphis, der den Mumm aufgebracht hatte, vor seinem Auftritt das Gespräch mit ihm zu suchen. Er stehe, so der godfather of bluegrass, „one hundred per cent“ hinter Presley und seiner durchaus respektlosen Neuauflage, wenn diese ihm helfe, seinen eigenen Stil zu begründen. Damals, im Oktober 1954, war nicht unbedingt abzusehen, daß der Ältere den Jüngeren noch um fast 20 Jahre – und bis zum Ende äußerst aktiv – überleben sollte.

Inzwischen sind beide tot, Elvis und BilL Doch Bluegrass lebt weiter, auch außerhalb der eingeschworenen Puristen-ZirkeL Dank junger Musikerinnen wie Gillian Welch. Oder Jim Ryan: Mit seiner neuen Band Waoden Leg macht der Mandolinenspieler, Sänger und Songwriter aus Boston auch personell da weiter, wo er zuletzt mit den Blood Oranges aufgehört hatte. Lediglich Bassistin/Autorin Cheri Knight ist ausgeschieden, während Mark Spencer als Gitarrist und Produzent weiterhin kräftige Rock-Akzente setzen darf.

Als einzige Traditional-Verbeugung unterziehen Wooden Leg die genretypische Moritat von „Pretty Polly“ einer Rock-Revision. Doch ein bedrohlich-lakonischer Realitätssinn lugt auch aus Ryans eigenen Songs, die um Lüge, Eifersucht, Vorrat, (blutige) Rache, den Tod selbst kreisen. Um Frauen aus Stein und Menschen, die an sich selbst und der Welt, wie sie ist, scheitern. All dies humoristisch aufgelockert, versteht sich: „Nobody knows the trouble you’ve seen“, singt Ryan im furiosen „Feels Like A Rock“, um dann trocken hinterherzuschicken: JBut I was there and you got real mean.“ Oder: „Slam the door in my face/ There’s too many doors in this place.“

Zu den gelungensten Songs gehören aber nicht zuletzt die vergleichsweise „experimentellen“. So gleich zum Auftakt die hintersinnige Meditations-Idylle „Champaign“, und später das gespenstische „Out Of My Yard“ mit einem Gast-Auftritt von Mark „Morphine“ Sandman als (gepeinigte) Telefon-Stimme. Meister der Reduktion unter sich.

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