Wu-Tang Clan – Wu-Tang forever :: Loud/RCA/BMG

Wie ein riesiger Raubvogel prangt ein „W“, wo immer über den Wu-Tang Qan berichtet wird. Also überall. Und die gewaltigen schwarzen Schwingen des Initials legen über alle anderen Künstler einen gewaltigen Schatten – KRS-One sieht kein Licht mehr, von den Jungk Brothers nimmt sowieso niemand Notiz. Es ist unvermeidlich, daß sich in der Welt des HipHop jetzt ein paar Momente alles um den Clan aus Staten Island dreht – daß der HipHop-Kosmos ganz dem Wu-Tang-Kosmos einverleibt wird. Diesem verwinkelten Reich, in dem Geheimwissenschaften ausgeknobelt und fernöstliche Kampf philosophien studiert werden und in dem sich die stärksten Stimmen des HipHop in einem so kunstvollen wie kirremachenden Gewirr vereinen.

Hier wird mit ganz unterschiedlichen Zungen gesprochen, oder besser: gekämpft, denn der Reim soll nach Willen des Wu-Tang Clan scharf sein wie ein Schwert In der Arena treten unter anderem an: der agile Method Man, der clevere Genius und OP Dirty Bastard, der in seinem schnatternden Wahnsinn jeden Gegner kurzerhand kaltgestellt.

Das Wort ist eine Waffe, doch ohne Strategie bleibt noch die schärfste Schneide nutzlos. Der Plan des Clans ist subversiv und effektiv: Alle Künstler veröffentlichen für ihre Solo-Projekte bei unterschiedlichen Major Companies, so gewinnen sie Unabhängigkeit und bündeln gleichzeitig die Kräfte ansonsten konkurrierender Firmen für ihre Zwecke. Eine Vorgehensweise, die mit der Wortschöpfung „Co-Opetition“ treffend beschrieben ist. Die ehrenwerte Wu-Tang-Familie nimmt die Tonträgerindustrie unter ihre mächtigen Schwingen, und das Wort „mafiös“ klingt auf einmal gut. Zweimal Platin und viermal Gold wurden mit vorangegangenen, in verschiedenen Konstellationen eingespielten Alben aus dem Wu-Tang-Zirkel eingefahren. Alles Kleinkram gegen das, was kommen soll.

Das neue Album, „Wu-Tang Forever“, setzt – wie schon 1993 das Clan-Debüt „Enter The Wu-Tang (36 Chambers)“ – neue Standards für den HipHop. Im Stil eines Mammutfilms entstand das Prachtstück, dessen Produktion sich immer wieder verzögerte und mehr und mehr Geld verschlang. Wahnsinn und Methode liegen hier ganz dicht beieinander Zwei Stunden ist das Werk lang, keine Minute langweilt Sowas hast du noch nicht gehört.

Produzent RZA, der ganz klar der Pate des neunköpfigen Clans ist und augenblicklich am neuen Björk-Album bastelt, fährt mit Geräuschen auf, die der HipHop noch nicht kannte. Ins Klaustrophobische verzerrte Streicher werden von überdrehten Chören überlagert, strenge Spinett-Stakkati lösen sich in weichen Röten-Tönen auf. Alles ist irrsinnig erhitzt und zugleich extrem diszipliniert Eine passende Klang-Kulisse, vor der das Heer aus Stimmen ein weiteres Mal gegen Hip-Hop-Stereotypen zu Felde zieht Denn Evolution ist für die Familie die Triebfeder allen Glücks. „Heaven is what you make it, hell is what you’ve gone through“, heißt es an zentraler Stelle.

Der Wu-Tang Clan – die durch die Hölle gehen, um sich ihr Paradies zu erschaffen.

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