Wye Oak :: Civilians

Das Duo aus Baltimore pflegt die Tradition des Andersseins.

Ruhe, bitte: Zu Beginn des neuen Albums von Wye Oak erhebt sich eine gezupfte Gitarre aus einem Stimmenwirrwarr, bis nur noch Stille bleibt. Das Lied ist wie ein Eingang in die Klangwelt des Duos aus Baltimore. Minimale Ablenkung, maximale Aufmerksamkeit – manchmal bauen Jenn Wasner und Andy Stack mit ihren Liedern kleine Kathedralen des Schweigens. Dann denkt man an Beach House, deren Sängerin auch dunkel singt und deren Indie-Dream-Pop ähnlich ätherisch ist. Doch für Wye Oak ist Stille nur eines von mehreren Stilmitteln. Manchmal wird es plötzlich sehr laut, die Gitarre zerrt dann unkontrolliert wie bei Sonic Youth.

Sowohl die Stille als auch der Lärm entwickeln auf „Civilians“ etwas Rauschhaftes. Rückwärts abgespielte Klangsplitter, wellenartig ein- und ausgeblendete Keyboards, Gitarrenkaskaden links und rechts – Wye Oak gehen unter, tauchen auf und verschaffen sich Luft in bemerkenswert dicht produzierten Liedern. Ein Lob an Produzent John Congleton! Er hat am Gelingen dieses Albums großen Anteil.

Freilich erkennt man neben Sonic Youth noch andere Einflüsse in der Musik von Wye Oak. Der Softrock von Fleetwood Mac scheint bei „The Alter“ durch, der schwirrende Gitarrenakkord von „We Were Wealth“ klingt nach Neil Young oder CSN&Y. Doch plötzlich bleibt das Lied stehen, und aus der Pause steigt eine Beschwörung empor, die sich in einem langen Crescendo zum kathartischen Höhepunkt des Albums emporschwingt. Eine lange Tradition des Andersseins liegt in den Liedern von Wye Oak – da ist wieder die Ähnlichkeit zu Beach House und ähnlichen US-amerikanischen Bands. Es ist eine gute Tradition, man muss sie pflegen. (City Slang) Jörn Schlüter

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