Yasmina Reza :: Glücklich die Glücklichen
Erich Kästner schrieb einmal: „Einsam bist du sehr alleine – und am schlimmsten ist die Einsamkeit zu zweit.“ Der kleine Vers passt auch auf Odile und Robert, die sich im Laufe ihrer Ehe auseinandergelebt haben. Was vom einstigen Glück geblieben ist, sind alltägliche Sticheleien und Provokationen. Das Paar Toscano ist dabei aber nur ein Fall unter den vielen einsamen Zeitgenossen in Yasmina Rezas lebenserfahrenem Roman „Glücklich die Glücklichen“. So hofft die Arzthelferin Virginie Dérelle, die erfolglos für den Sohn einer Patientin schwärmt, ähnlich ihrem Chef auf seinen geheimen Beutezügen im Schwulenmilieu vergebens auf die große Liebe. Süffisant-melancholisch eröffnet die französische Bestseller- und Theaterautorin Reza in inneren Monologen ganze Seelenräume, wobei sie jedem ihrer Helden von trauriger Gestalt einen ganz eigenen Ton angedeihen lässt. Klagen sie allesamt über ihre Einsamkeit, hüten sie sich zugleich davor, ihr Leid mit anderen zu teilen. Sie sind verstörende Hüter bürgerlicher Fassaden, hinter denen der Schmerz verschlossen bleiben muss. Ähnlich der letzten Werke Rezas sind es auch in diesem hellsichtigen Text die doppelten Böden, unter denen die Abgründe erst her-vortreten. Ein Gesellschaftsporträt voll psychologischer Finesse. (Hanser , 17,90 Euro)