ZEVONS DRECKIGES DUTZEND
WANTED DEAD OR ALIVE (1969) Rabiater Blues-Rock und Geklampftes mit Mundharmonika, dabei stilistisch vielgestaltig, unausgegoren und übel produziert. Das Hollern und Wimmern von Zevons Gesang ist unverkennbar. „She Quit Me“ kam in „Midnight Cowboy“ zum Einsatz, „Tule’s Blues“ erschien, in anderer Version, auf „Preludes“.2,0 WARREN ZEVON (1976) Das Asylum-Debüt, von Jackson Browne produziert, gespielt von der Westcoast-Mafia: Bob Glaub.Waddy Wachtel, David Lindley. Rock’n’Roll („Frank And Jesse James“, „Poor Poor Pitiful Me“) und große Balladen: „Hasten Down The Wind“, „The French Inhaler“ und die unheimlichen Streicher von „Desperados Under The Eaves“. 4,5 EXCITABLE BOY (1978) Weniger gefühlig, dafür zum Fürchten: „Roland The Headless Thompson Gunner“, „Lawyers, Guns And Money“ und „Werewolves Of London“ definierten den Zevon-Stil, „Accidentally Like A Martyr“ ist die Kehrseite: das schmerzliche, schutzlose Ausgeliefert-Sein. Blieb Zevons populärste (und erfolgreichste) Platte. 4,5 BAD LUCK STREAK IN DANCING SCHOOL (1980) Mit dem Maschinengewehr in der Ballettschule: merkwürdige Songs wie „Gorilla, You’re A Desperado“, zwei Interludes, das elegische „Bed Of Coals“, geschrieben mit T-Bone Burnett, “ Jeannie Needs A Shooter“, dessen Titel Zevon von Springsteen geschenkt bekam, und der Horror von „Play It All Night Long“. Überambitioniert, inkohärent. 2,5 THE ENVOY (1982) Das dräuende „The Envoy“ und die Satiren „The Hula Hula Boys“ und „Let Nothing Come Between You“ täuschen nicht über die mediokren Stücke hinweg. Zevon setzt – wie schon auf „DancingSchool“ – Synthesizer ein; die Besetzung (von Jeff Porcaro bis Leland Sklar) ist wiederum exzellent – nur der Autor hat manchmal Ladehemmung. 3,0 SENTIMENTAL HYGIENE (1987) Bei Zevons bestem Album halfen alte und neue Freunde: Neil Young, R.E.M., George Clinton, sogar Dylan schaute vorbei. „The Factory“ und „Detox Mansion“ sind vitriolisch, das majestätische „Sentimental Hygiene“ wird von Youngs Gitarre getrieben; „Reconsider Me“ und „The Heartache“ sind Zevons schönste Liebeslieder. 5,0 TRANSVERSE CITY (1989) Eine Art von Konzept-Album über den Horror der modernen Großstadt: Jerry Garcia, Jorma Kaukonen und wiederum Young sind offenbar als ironische Relikte des Hippietums bei diesem quietschenden Gargantua-Rock im Spiel. Die bombastischen Songs spreizen sich, doch am besten gelingen „They Moved The Moon“ und „Splendid Isolation“. 2,5 MR. BAD EXAMPLE (1991) Bewährte Dichotomie von Berserker-Rock („FinishingTouches“, „Angel Dressed In Black“) und Sensibilität („Heartache Spoken Here“. „Searching For A Heart“), produziert von Wachtel. Mit dem launigen Folk-Ringelreihen „Mr. Bad Example“ und dem bösen „Things To Do In Denver When You’re Dead“ gelingen zwei typische Zevon-Brecher. 4,0 MUTINEER (1995) Nach der blechernen Live-Platte „Learning To Flinch“ produzierte Zevon diese grüblerischen, kontemplativen Stücke selbst, schrieb zwei Songs mit Carl Hiaasen und sang Judee Sills „Jesus Was A Crossmaker“. Jorge Calderön half beim Schreiben und bei der Instrumentierung, Bruce Hornsby spielte Akkordeon. Anrührend. 3,5 LIFE’LL KILL YA (2000) Etwas larmoyante Bestandsaufnahme nach langer Pause. „I Was In the House When The House Burned Down“ und „Life’ll Kill Ya“ haben Brutalität und Gift, aber Steve Winwoods harmloses „Back In the High Life“ ist typisch für die sentimentalen Folk-Obertöne der unausgewogenen Platte, die wie ein Abschiedsalbum wirkt. 3,5 MY RIDE’S HERE (2002) Noch ein Abschiedsalbum, diesmal aber grollend: „Sacrificial Lambs“ und „Basket Case“ rocken. „You’re A Whole Different Person When You’re Scared“ (mit Hunter S. Thompson), „Genius“ und „Laissez-Moi Tranquille“ zeigen Zevons Möglichkeiten als raffinierter Arrangeur. Ebenso ätzend wie elegisch und tapfer. 4,5 THE WIND (2003) Der Mann, der über den Tod spottete wie keiner sonst, singt „Knockin‘ On Heaven’s Door“. Noch einmal sudelt er in „Dirty Life And Times“, höhnt in „Numb As A Stature“ und „Disorder In The House“, verabschiedet sich schließlich mit „Keep Me In Your Heart“. Assistiert von Cooder, Lindley, Springsteen, Petty, Henley, Yoakam. Bravourös. 5,0