Q&A

Rick Astley: „Man muss etwas finden, das einem das Leben einfacher macht“

In den 80er-Jahren dominierten seine Hits. Auf seinem neuen Album besingt er nun das „Beautiful Life“. Rick Astley im ROLLING-STONE-Interview.

Rick Astley über…

das schöne Leben

„An manchen Tagen lege ich eine richtige Arschloch-Haltung an den Tag. Manchmal muss man aber sein Leben in den Griff kriegen. Es gibt Leute, die sind dauernd gut drauf. Ich komme aus dem Norden Englands. Da hat man nicht viel zu lachen. Aber dann denke ich mir: Meine letzte Platte war in England ein echter Hit. Das hätte ich niemals gedacht. Mein Leben läuft wunderbar – und das wollte ich einfach mit einer neuen LP mit den Menschen teilen.“

Religion

„Viele Songs auf „50“ konnten interpretiert werden, als hätte ich eine starke Verbindung zur Religion. Aber das ist einfach ein Missverständnis. Ich gehe nicht in die Kirche und glaube auch nicht mehr an unseren Schöpfer als andere. Aber ich glaube, dass es da eine Energie gibt, die in allen Dingen ist. Ich weiß da natürlich nicht wirklich Bescheid. Ich bin nur ein Popmusiker. Aber in meinem Song „Angels On My Side“ versuche ich genau davon zu singen – dass es Wesen gibt an meiner Seite, die mich beschützen. Man muss finden, was einem das Leben einfacher macht.“

Politik

„Ich versuche mich nicht so reinzusteigern in das, was auf der Welt politisch so passiert. Im Grunde bin ich nicht interessiert. Hey, ich war ein Popstar in den 80er-Jahren. Das bereitet einen nicht wirklich darauf vor, was es alles für schreckliche Dinge auf dieser Welt gibt, nicht einmal auf das, was in Großbritannien abgeht. Ich wollte eigentlich nie auch nur ansatzweise irgendeinen politischen Song schreiben. Ich bin ja nicht Morrissey.“

Power-Balladen

„Manchmal hat man fast alle Songs im Kasten, aber es fehlt noch etwas, das wirklich den Deckel zu macht. Dann findet man eine todsichere Melodie oder so etwas und denkt sich: Das ist es, das rettet die ganze Sache vor dem sicheren Untergang. So ging es mir mit „Try“, dem letzten Lied, das ich für die neue Platte aufgenommen habe. Das ist im Grunde einfach ein ziemlich gerissener Trick, um die Hörer bei der Stange zu halten. Ein Klischee, wenn man so will. Selbst Nirvana haben so etwas gemacht, um von ihren schlechteren Sachen abzulenken.“

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Musik im Alleingang

„Ich habe schon bei meinem letzten Album alles allein gemacht. Ich nehme die Sachen in meiner Garage auf. Da habe ich alles, was ich brauche. Im Moment genieße ich das einfach, dass ich mir keine Gedanken machen muss, welche Gitarristen ich anstelle. Ich spiele einfach alles selbst. Es ist so fantastisch, wie man im Studio Musik aufnehmen kann. Aber das möchte ich nicht. Ich habe ja auch nicht das Talent dazu, zum Beispiel eine Jazz-Platte mit Orchester zu machen. Ich weiß nicht wirklich, was ich da tue. Ich probiere einfach aus und am Ende kommt dann eben wieder ein Popsong dabei heraus.“

Musik im Digitalzeitalter

„Das Internet hat einfach alles verändert. Es ändert zwar nichts daran, dass wir bei bestimmten Liedern anfangen zu weinen. Aber es verändert die Verbindung, die die Menschen dazu haben. Vor allem, weil man nichts mehr wirklich besitzt. Wenn du ein Album kaufst, egal ob nun auf Vinyl, CD oder Kassette, dann kannst du es anfassen und entwickelst eine Beziehung dazu. Das ist ganz natürlich. Deswegen sammelt man Musik. Doch einen Song, den du im Internet hörst, ist nun einmal nicht dein Song. Er gehört allen, natürlich. Aber eben nicht dir. Ich finde das schon schade, denn ich mag es, eine tiefere Verbindung zu Musik zu haben.“

Schlagzeug spielen

„Ich habe schon als Kind angefangen, Schlagzeug zu spielen. Ich liebe das noch heute und mach es, so oft es geht. Es gibt kein Instrument, das so urzeitlich und selbstverständlich ist. Man muss überhaupt nichts lernen. Ich gönne mir den Luxus, in einer dreiköpfigen Midlife-Crisis-Band den Drummer zu spielen. Das ist ein großes Vergnügen.“

Karriereende

„Eigentlich hätte ich nach „50“ aufhören müssen. Ich habe ja alles gesagt. Aber dann würde ich ziemlich schnell das Scheinwerferlicht vermissen. Und ohne das kann ich eben nicht leben. Ein Hit ist eben auch nicht ein Hit. Die Platte lief ganz gut in England und auch in Deutschland. Aber das war es auch. Ich schaue bei Konzerten immer noch, wie viele Leute während ich spiele auf Toilette verschwinden. Wenn es von mal zu mal immer mehr werden, dann höre ich auf.“

Kritiker

„Ich kann niemandem böse sein, der meine Musik aus den 80ern schrecklich findet. Ich würde sie ja auch so schnell es geht in einer Truhe im Keller vergraben. Das ist musikalisches Fast Food und wird sicher niemanden erleuchten.“

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Stock Aitken Waterman

„Auch wenn Pop keine Ziele verfolgt, Stock Aitken Waterman hatten eine Mission: die Suche nach dem perfekten Popsong. Sie wollten Hits am Fließband. Alles, von dem sie glaubten, es schafft es nicht auf Platz eins der Charts, wurde einfach weggeworfen. Unglaublich, was für musikalische Schätze sie liegen ließen. Musiker waren ihnen erst einmal egal. Sie interessierten sich kein Stück dafür, wie gut ein Sänger war. Das war bei Motown eigentlich auch nicht anders. Doch es entwickelten sich darüber doch wesentlich mehr große Künstler. Marvin Gaye war eben nicht davon motiviert, den nächsten Superhit auf die Leute loszulassen.“

Rickrolling

„Das ist schon eine unglaubliche Sache. Die meisten würden wohl für eine solche Sache töten, dass ein Song von dir einfach so durchs Internet schwimmt. Und „Never Gonna Give You Up“ ist vielleicht sogar mein bester Song. Das hat mir schon großartige Momente beschert. Ich spielte den Song völlig unvorbereitet mit den Foo Fighters. Von denen hatte ich zuvor noch kein einziges Lied gehört. Am schönsten finde ich aber den Einsatz in „Westworld“, denn hier bekommt der Song sogar eine eigene Bedeutung für den Fortlauf der Handlung.“

https://www.youtube.com/watch?v=YMj8P_CkKBk

„Never Gonna Give You Up“

„Es ist einfach einer dieser klebrigen 80er-Hits. Wenn ich nur an das Video denke: Eigentlich war gar nichts geplant, dann wurde in nur einer Nacht schnell was aufgenommen. Ich musste meine eigene Kleidung mitbringen und einen Tanz improvisieren. Und das war kein Tanz – das war pure Angst, irgendwas zu machen. Ich weiß noch, wie aus der Nachbarschaft jemand schrie, weil es zu laut war: „Halt endlich deine verdammte Klappe!“ Videos in den 80ern kosteten manchmal Millionen, vor allem wenn es von den Stars dieser Zeit aufgenommen wurde. Meins kostete fast nichts und läuft immer noch jeden Tag.“

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In der August-Ausgabe des ROLLING STONE finden Sie Auszüge aus dem Interview mit Rick Astley.

Der Interviewer war erstaunt, mit welcher Gelassenheit Rick Astley über seine eigene Lebensleistung reflektierte. Er wünschte diese Attitüde auch anderen Künstlern. Folgen Sie dem Autor, wenn Sie mögen, auf Twitter und auf seinem Blog („Melancholy Symphony“).

Rankin
Peter Carrette Archive Getty Images
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