Rosanne Cash: Ab Sonntag für zwei Gigs in Deutschland
Ab Sonntag wird Johnny Cashs Tocher Rosanne an zwei Terminen jene Songs live vorstellen, die sie auf ihrem Cover-Album "The List" auf oft sehr gelungene Weise interpretiert hat. Der Rolling Stone präsentiert.
Der schwarze Cadillac hatte Dad schon lange in den letzten Sonnenuntergang gefahren. Doch da war noch diese Liste. Mit nicht weniger als 100 essenziellen Country-Songs. Johnny Cash hatte sie 1973 ausgebrütet (die Liste, nicht die Songs), in (Für-)Sorge um seine Rosanne, die sich damals frisch von der Highschool zu ihm in den Tour-Bus gesellt hatte und – huch! – mit dem Repertoire der Beatles und kalifornischer Rock-Bands doch glatt viel vertrauter war als mit dem von Hank, Jimmie und Merle. Erst gut sechs Jahre nach dem Tod des Vaters kann die Tochter das stille Vermächtnis nun auf eigene Weise umsetzen.
Von dieser Liste, die heute eher als Americana-Landkarte durchgeht, hat Rosanne Cash für ihr erstes Cover-Album zwölf Stücke ausgewählt, geholfen hat dabei John Leventhal. Ihr Gatte, Produzent und Multi-Instrumentalist zugleich, beweist mit wenigen Begleitern wieder einmal seine ganze Arrangierkunst, die selbst dann beiläufig wirkt, wenn sie zart am Sockel von Monumenten kratzt. Da mutiert Hank Snows „I’m Movin On“ schon mal zum lasziven Schleicher, doch bescheidet sich Leventhal ebenso gern und gut mit funktionalem Twang oder reduziertem Folk (Dylans „Girl From The North Country“). Ausgewählte Duett-Partner durften auch mittun. Bruce Springsteen kitzelt in „Sea Of Heartbreak“ seine allerzarteste Roy-Orbison-Seite hervor, während Elvis Costello sein berüchtigtes Tremolo in Harlan Howards „Heartaches By The Number“ schön bedeckt hält. Eher verschenkt ist ausgerechnet Jeff Tweedy („Long Black Veil“), während man sich Rufus Wainwright bisher eher weniger mit einem Merle-Haggard-Klassiker vorzustellen vermochte.
Nach einem funkelnd-schwebenden Ritt auf „Silver Wings“ kann man auch das. Und Tochter Chelsea (aus der stürmischen Ehe mit Rodney Crowell) darf die Familien-Fackel „500 Miles“ von Hedy West entgegennehmen – eher ein symbolischer Akt, denn zu hören ist sie kaum.
Keine Sorge übrigens: Es gibt natürlich kein posthumes Duett mit dem Vater. Das ist unter Cash-Niveau. Doch ein wohlwollend schiefes Grinsen, da oben auf Wolke sieben, dürfte sich Dad kaum verkneifen können, wenn sich seine Rosanne, die überzeugte Wahl-New Yorkerin, gleich zum Auftakt mit „Miss The Mississippi And You“ der großen Southern-Sehnsucht hingibt. War doch ganz gut, die Idee mit dieser Liste.
Jörg Feyer
Rosanne Cash wird besagte Songs von „The List“ ab Sonntag an zwei Terminen live in Deutschland vorstellen. Der Rolling Stone präsentiert. Ehrensache.
05.09. Hamburg, Fabrik
06.09. Berlin, Passionskirche