Schlacht ums Büffet

Sie laden Tierschutzvereine zu ihren Konzerten ein, trinken nur Fruchtsäfte vor den Auftritten, diskutieren mit Schülern über Rassismus und Sexismus: Consolidated sind nach The Disposable Heroes Of HipHoprisy die bemühteste und bekannteste Industrial-Rap-Band der Agitprop-Szene – und werden als „the most hated band in the world“ geschmäht. „Wir, gehaßt? Neeeiiin!?“, spreizt Adam Sherburne, Wortführer von Consolidated, den Slogan zur Selbstironie. Er lümmelt auf einem Klappstuhl, nippt am naturtrüben Apfelsaft und grient belustigt. Der Gitarrist hat das Grinsen und den Galgenhumor von Jack Nicholson. Wäre der Hüne weniger gutmütig, er hätte längst zugeschlagen. Im Sommer wurden Consolidated als Vorgruppe von House Of Pain bereits nach dem ersten Gig gefeuert, weil sie vor den irischstämmigen Spaß-Rappern über die Gefahren des Faschismus dozierten. Ihren Landsleuten gilt das notorische Sendungsbewußtsein der drei Amerikaner aus San Francisco als Feindbild. „Wir sind die am meisten gehaßte Band von Amerika“, sagt der Schlagzeuger Philip Steir mit einem Schulterzucken. „Wir werden ignoriert oder angepöbelt.“

Am Anfang war ein Mißverständnis. 1989 brachten Consolidated ihr Debüt auf einem Techno-Label heraus. Viele Tänzer fühlten sich bei Konzerten von den Aussagen irritiert bis attackiert. Diese Erlebnisse haben Consolidated in ihren Texten verarbeitet, zuletzt auf dem Album „Business Of Punishtnent“ im Song „No Answer For A Dancer“. Verstehen diese Leute überhaupt die Inhalte? „Klar, weil wir eine deutliche Sprache führen und keinen rhetorischen Diskurs.“

In ihrem Aufklärungsfanatismus teilen sie zuweilen ziemlich harsch in Gut und Böse ein. Dem radikalen Vegetarier Steir sind Fleischesser immer Tiermörder – folgerichtig bedarf der instrumentale Song „Meat, Meat, Meat And Meat“ keiner Erläuterung mehr. Obwohl ihr Kreuzrittertum den Vorwurf der Selbstgerechtigkeit nährt, halten sie unbeirrt an ihrer Methode fest. „Unsere Parolen sollen zum Nachdenken anregen“, so Steir. „Wortspiele könnten zu sehr interpretiert und mißverstanden werden.“ Ihre Rigorosität provoziert jedoch Fehlurteile der Öffentlichkeit Da sich Consolidated mit der Frankfurter Schule um Adorno, Marcuse und Horkheimer befaßt haben, werden Antifa-Propaganda und Linksliberalität als kommunistische Predigten ausgelegt Adam Sherburne gähnt und grinst: „Wir wollen Reformen, keine Revolution.“

Sherburne und seine Frau verteilten kürzlich Kondome auf den Straßen von San Francisco. Er stammt aus der „weißen, heterosexuellen und protestantischen Mittelschicht“, als braver Bürgersohn spielte er natürlich Tennis, danach Jazz, Blues, Folk und anderen Mainstream. Warum macht er diese Musik? „Ich mag keinen Biedersinn.“

Im Gespräch sind Consolidated nicht so moralinsauer wie ihre Texte, sie haben Witz im Widerspruch. Seit „Business OfPunishment“ sind sie bei einer Major Company, der Groove ist funkiger und rockiger. Die Subkultur aber ist verstimmt, zumal kolportiert wird, Consolidated hätten mit Fans das Büffet nicht teilen wollen. Sind sie womöglich Salon-Bolschewisten?

„Wir mußten um die letzte Ration im Kühlschrank kämpfen“, so Sherburne – und schiebt selbstironisch nach: „We are the band you love to hate.“ Und was konsumieren sie nach einem Konzert? „Wodka und Kokain.“

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