RS Newcomer

Soak: Frei ab 18

Soak singt über die Zerrissenheit und die Widersprüche ihrer Jugend – und hört auf ihre Eltern.

„Im interview vor diesem ging es eigentlich nur um mein Alter“, sagt Soak und rollt mit den Augen. Sie wird oft darauf angesprochen, dabei ist sie schon 18. Das ist jung, aber nicht ungewöhnlich ist für einen Newcomer. „Es gibt auch Kritiker, die sagen, ich klinge weise für mein Alter. Keine Ahnung, was das heißen soll. Ich schreibe über das, was ich erlebt habe, und über das, was ich fühle.“

(Photo by Wendy Redfern/Redferns)
(Photo by Wendy Redfern/Redferns)

Wenn man Soak gegenübersitzt, vergisst man tatsächlich schnell, wie alt sie ist, ebenso, mit welchem Geschlecht man es bei dem tätowierten Tomboy im Skater-Look eigentlich zu tun hat. Die Fixierung auf ihr Alter mag ihre Ursache darin haben, dass sie schon so lange dabei ist, sagt Soak, die mit bürgerlichem Namen Bridie Monds-Watson heißt. Bereits als Kind fing sie an zu komponieren, mit zwölf gründete sie eine Punk-Coverband namens That’s What She Said und spielte in den Clubs ihrer irischen Heimatstadt Derry. Und bis vor Kurzem musste sie gleich nach dem Auftritt verschwinden: Minderjährig!

Wenn Sigur Rós versucht, Coldplay zu covern

Die Songs ihres Debüts, „Before We Forgot How To Dream“, entstanden, als sie zwischen 13 und 17 Jahre alt war. „Ich höre ziemlich genau, welcher Song in welchem Alter geschrieben wurde“, erzählt sie. „Heute würde ich manches anders machen. Damals habe ich die Lieder aufgenommen, um mich selbst besser zu verstehen.“

„Wait“ und „Blud“ behandeln die Scheidung ihrer Eltern, in „B A Nobody“ besingt sie die innere Zerrissenheit und die Widersprüche ihrer Teenager-Jahre. Eine Hälfte der Songs sei traurig, sagt sie, die andere fröhlich. Für den Hörer ist diese Unterscheidung schwerer zu treffen, die Lieder gehen in einem weichen, melancholischen Nebel ineinander über, der an die skandinavischen Traumlandschaften von Sigur Rós erinnert – Sigur Rós, die versuchen, Coldplay zu covern.

Der „Guardian“ fand einen zwar geografisch etwas näher-, aber sonst nicht unbedingt naheliegenden Vergleich: Soak klinge „wie ein junger Paul Brady, der Joni Mitchell nachsingt oder ‚Das Tagebuch der Anne Frank‘ vorträgt“. Soak stöhnt, als sie sich an den Artikel erinnert. „Das Einzige, was Brady und ich gemeinsam haben, ist, dass wir aus Irland kommen.“ Sie seufzt und prustet kurz darauf los wie ein Teenager: „Und Anne Frank … what the fuck? Wer denkt sich so was aus?“

Wenn man jung ist, wird man natürlich schneller über den Tisch gezogen

Soaks Leidenschaft für Musik begann mit Led Zeppelin – inzwischen ist sie bei Sun Kil Moon gelandet. Und ganz besonders empfiehlt sie The Japanese House, das Projekt der britischen Newcomerin Amber Bain, die genauso alt ist wie sie selbst. Trotz ihrer Abgeklärtheit beschleicht einen bei einer so jungen Künstlerin manchmal das Gefühl, dass eine Plattenfirma vielleicht doch im Hintergrund alles kontrolliert.

„Wenn man jung ist, wird man natürlich schneller über den Tisch gezogen“, entgegnet Soak. „Als ich 16 war, wurden Leute aus London nach Derry eingeflogen, die versuchten, mich in bestimmte Richtungen zu drängen. Zum Glück halfen mir meine Eltern, das richtige Label zu finden. Solange ich mich dort nicht wie ein komplettes Arschloch aufführe, habe ich volle künstlerische Freiheit. Nicht jeder Song muss eine Single werden.“ Auf den Rat der Eltern zu hören kann manchmal das Erwachsenste sein.

Wendy Redfern Redferns
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