14 Gründe, die gegen „Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers“ sprechen

Die wichtigsten Fehler und Versäumnisse aus „Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers“ auf einen Blick.

Die Kritik enthält wesentliche Spoiler.

01. Schlechter Umgang mit Trauer

Kylo Ren aus Star Wars

„Der Aufstieg Skywalkers“ führt fort, was der unselige Rian Johnson mit seinem Nicht-„Star Wars“-Film „Die letzten Jedi“ vormachte: Der Verlust von geliebten Menschen wird nicht lange betrauert. Luke stirbt, dazu fast alle Soldaten des Widerstands? Kein Problem, am Ende von Johnsons Film lagen sich dennoch alle freudestrahlend in den Armen.

Auch J.J. Abrams lässt im „Aufstieg“ seine Heldin Rey recht schnell zum Tagesgeschäft übergehen – ihr (heimlich) geliebter Kylo Ren stirbt nach dem ersehnten ersten Kuss und wird nächster Anwärter fürs Ewok-Lagerfeuer.

Im nächsten Moment schon gibt’s Waldparty mit den Gewinnern. Bei Rian Johnson wirkte diese Hast noch wie Unsicherheit, bei Abrams ist sie möglicherweise dem Zeitdruck geschuldet.

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02. Lando Calrissian

Lando (Billy Dee Williams) erhält seinen großen Moment als Pilot, so kennt man ihn. Aber, selbst nach all den Jahren – keine Worte über seinen verstorbenen Freund Han, keine über Luke. Auch die angehimmelte Leia, die nun während seiner Reaktivierung für den Widerstand verstirbt – kein Druck seitens Landos, sich groß zu äußern. Schlechtes Scripting.

03. Bauernopfer

Rose Tico (Kelly Marie Tran)

General Hux (Domhnall Gleeson) wurde in „Die letzten Jedi“ zur Witzfigur degradiert. Ein General, der unter Darth Vader niemals hätte arbeiten dürfen. Abrams hat sich einwickeln lassen und schießt ihn, es wirkt wie eine Strafhandlung, geradezu beiläufig aus seinem Film. Er stand halt dem Finale im Weg.

Noch schlimmer trifft es Rose Tico (Kelly Marie Tran), deren Abstieg zur Nebenfigur wahrscheinlich Fan-Service aka Einknicken vor der Power der sozialen Medien ist. Tran wurde per Shitstorm fertiggemacht, sie kündigte alle Accounts, Abrams leistet den Offenbarungseid und macht nun aus der ehemaligen Gefährtin Finns eine Art Computer-Analystin auf dem friedlichen Zeltvorplatz. Sie ist der neue Jar Jar Binks – auch der „Phantom Menace“-Clown wurde nach katastrophalem Zuschauerfeedback für den nächsten Film, „Angriff der Klonkrieger“, zurechtgestutzt.

In Interviews, die zum Teil bis zur ersten Jahreshälfte 2019 zurückreichen, betonte Kelly Marie Tran, wie zufrieden sie mit der Entwicklung ihrer Figur im „Aufstieg“ sei. Gemessen an ihrer minimalen Spielzeit im fertigen Film erscheint dies jedoch nicht als Fehlwahrnehmung ihrer Rolle – sondern als Unwissenheit, da Tran ja nicht ahnen konnte, wie Rose Tico spätestens im Schnittraum bearbeitet werden würde (der zweite, weit prominentere Neuzugang aus „Die letzten Jedi“, Benicio del Toro alias „DJ“, fehlt im „Aufstieg“ sogar komplett. Del Toro wird drei Kreuze gemacht haben).

04. Was genau machen Finn und Poe Dameron eigentlich?

Star Wars – Rise of Skywalker

Beide Hauptfiguren haben streng genommen keinen Einfluss auf den Ausgang von „Der Aufstieg Skywalkers“. Ob das Gute siegt, ist überwiegend Leistung Reys (Daisy Ridley) sowie Leias (Carrie Fisher). Sie assistieren der Jedi-Kämpferin, erbringen aber keine Lösungen.

Trauriges Ende zweier Helden. Finn war der gewissenhafte Ex-Sturmtruppe („Das Erwachen der Macht“), also ein Mann mit biografischem Bruch. Poe (Oscar Isaac) blühte in „Die letzten Jedi“ auf, als Pilot, der tatsächlich manches besser wusste als seine Generälin.

05. Schlechte Regie, schlechtes Timing, schlechter Trailer

Daisy Ridley in „Star Wars – Der Aufstieg Skywalkers“

Der Höhepunkt des großartigen ersten Trailers zeigte Rey beim Rückwärts-Salto auf Kylo Rens Tie-Fighter. Der Film aber zeigt, dass der Höhepunkt der Szene damit bereits ausgespielt wurde. Ein Beispiel für das Ärgernis heutiger Vorschauen – alle Set Pieces werden bereits in zwei Minuten vorgestellt.

Ein Exempel für schlechte Dramaturgie ist die Befreiungsaktion Chewbaccas. In „Eine neue Hoffnung“ bedurfte die Infiltration des Todesstern einige Anstrengungen: Versteckspiele im Frachtraum, Verkleidungen als Sturmtruppen, das Müllmonster überwinden usw. Hier springen einfach drei Rebellen von der Laderampe und schießen sich augenblicklich – ohne Wissen über die feindliche Kampfkraft der Besatzung – ihren Weg frei. Das ist „Team America“. Das ist die wahrscheinlich schlechteste Action-Szene der gesamten neunteiligen Saga. In einer anderen Sequenz läuft Rey ohne Not, abseits jeder Gefahr mit eingeschaltetem Lichtschwert durch eine Höhle – wie ein Kind: Wenn sie einen Knopf sieht, muss sie draufdrücken.

Und, apropos Wookie:

06. Angst um Chewie

Die Jacke, die Han Solo in „Das Erwachen der Macht“ getragen hat, wurde für einen stolzen Preis versteigert.

Wer in seinem Leben auch nur etwas mehr als zwei Filme gesehen hat, der weiß: Helden sterben niemals offscreen. Ihr Tod wird gezeigt. Als also der Frachter mit dem „Wookie an Bord“ explodiert, ist doch völlig klar, dass es Chewbacca niemals getroffen haben kann – es hätte dann ja keinen letzten Moment mit ihm gegeben. Da hilft es auch nichts, dass Abrams ihn zuvor in einer geradezu auf Mitleid ausgelegten Einstellung wie einen  verwirrten Mann durch die Wüste humpeln ließ.

Und es ist dramaturgisch geradezu peinlich, dass später Rey und Co beim Weinen gezeigt werden, obwohl die Zuschauer da schon längst wissen, dass „die Bestie“ in einem anderen Raumschiff gefangen gehalten wird – diese Trauermomente sind dann der Story längst nicht mehr dienlich, sie halten nur auf. Und warum hat man keine Angst um Chewie? Wegen der …

07. Knights of Ren

Seit dem „Erwachen der Macht“ wird die Kampfgruppe Kylo Rens in höchsten Tönen gelobt, obwohl sie noch nicht im Einsatz zu sehen war. Coole Söldner mit coolen Waffen. Alle warteten auf sie. Dabei sind die „Ritter“  in der Wüste genauso leicht auszuschalten wie später von ihrem Boss. Scheinriesen – und auseinanderzuhalten sind sie auch nicht, nicht mal an den Waffen, weil die auch nur für Sekundenbruchteile auszumachen sind.

08. Macht der Tod überhaupt noch Angst?

Harrison Ford und Carrie Fisher in „Star Wars: Das Erwachen der Macht“
Harrison Ford und Carrie Fisher in „Star Wars: Das Erwachen der Macht“

Jedi zu sein hat den Vorteil, dass man sich auch nach dem Ableben immer wieder dazuschalten kann. Ben Kenobi, Yoda, Luke, Han Solo … halt, Han? Der ist doch gar kein Jedi.

Kein Problem, auch Harrison Ford wollte es sich nicht nehmen lassen, einen Kurzauftritt im Trilogie-Abschluss zu absolvieren, und das wurde ihm gewährt. Aber selbst wenn sein Erscheinen nur eine Illusion, ein Traum Kylos gewesen sein sollte. Könnte sie wirklich so stark sein, dass der böse Sohn wieder zu Ben Solo wird? Rey allein schien das nicht geschafft zu haben.

Wenn jeder Verstorbene überall immer wieder aufploppt – muss man sich um ihn auch keine Sorgen mehr machen.

09. Der Imperator

Vielleicht bin ich zu alt, aber mir vergingen die ersten zehn Minuten des Films zu schnell. Kylo buddelt im Wald eine Art magische Schatzkarte aus, Poe Dameron flüchtet mit dem Millenium Falcon aus irgendwelchen Gründen, und flugs steht Kylo dann auch schon vor Palpatine.

Den Coup, den Imperator (Ian McDiarmid) zurückkehren zu lassen, hat man unglücklicherweise per Trailer und Comic Con verraten. Nun steht er hier, im „Aufstieg“, gleich zu Beginn recht spannungslos in einer Ecke. Kein guter Auftritt. Wie überhaupt seine Herrschaftsbasis, die unglaubwürdig erscheint. Tausende Mönche, die nicht ein einziges Mal in Nahaufnahme präsentiert werden, eher als amorphe Pixel-Masse zu sehen sind, summen ihm zu. Museale Sternzerstörer steigen aus dem Erdboden auf und sind augenblicklich betriebsbereit und vollbesetzt.

Das Kurioseste aber ist des Imperators Tod. Rey reflektiert dessen Laserstrahlen per Lichtschwert zurück. Was nicht ausreicht. Zu wenig Energie? Also nimmt sie ein zweites Lichtschwert. Was ausreicht. Genug Energie?

Man kann ja von den Prequels (1999-2005) halten, was man will. Aber George Lucas hatte unzweifelhaft ein Konzept, das er umsetzen konnte, weil ihm die Vollkontrolle oblag. Bösewicht Darth Maul musste allein deshalb in Teil eins sterben, weil in den zwei weiteren Filmen Palpatine/Imperator zum Antagonisten aufgebaut werden sollte. Ein Plan.

Die aktuelle Trilogie aber hat ein Bösewichtproblem. Erst die idiotische Idee Rian Johnsons, Snoke in „The Last Jedi“ zu killen, führte zunächst zu Konfusion, dann zur krampfhaften Überzeugung, in „Rise“ einen neuen Mega-Gegner etablieren zu müssen. Was wiederum Kylo Ren abstufte – keiner konnte ernsthaft glauben, dass der verwirrte Jüngling neben „Imp“ bestehen könnte. Lucasfilm-Chefin Kathleen Kennedy hätte also von Anfang an Rian Johnson stärker in die Quere kommen müssen.

10. Papa Palpatine

Der Mann hatte Kinder? Kinder, die aussehen wie Du und ich?

11. Kein Vertrauen in die Schauplätze

30 Minuten Hoth („Das Imperium schlägt zurück“), 45 Minuten Tatooine („Eine neue Hoffnung“), und dann nochmal 40 Minuten Tatooine  („Die Rückkehr der Jedi-Ritter“), und, ob’s einem gefällt oder nicht: 40 Minuten Endor.

Zeit. Handlung. Momentum.

Das ist im „Aufstieg“ nicht zu finden.

Hier gibt’s Inselhopping. Lukes Felsen für drei Minuten, außerdem Wüste samt „Burning Man“-Festival, Schnee, Wald, alles drin – nur, damit das Finale von „Krieg der Sterne“  auch alle Schauplätze der Saga ein letztes Mal in Szene setzen kann. Es dürften mindestens sechs verschiedene Locations sein. Da kann selbst James Bond auf seinen Reisen nicht mithalten.

Diesmal spielt auch das Meer eine tragende Rolle – aber als trauriges Beispiel dafür, wie Lichtschwert-Duelle nicht zu inszenieren sind. Denn welche waren die besten Duelle? Solche, in denen Wow-Witterung keine Rolle spielte. Die auf Bespin oder im Todesstern. „Die Rache der Sith“ führte 2005, mit seinen albernen Vulkanflößen, diesen neuen Trend ein: Immer muss beim Fighten das „beeindruckende“ CGI-Wetter dazwischenfunken.

Über „Imperium“ könnte man also als den „Eisfilm“ sprechen, über „neue Hoffnung“ als den „Wüstenfilm“, „Rückkehr“ als den „Waldfilm“. Dem „Aufstieg Skywalkers“ aber fehlt genau dieser prägende Schauplatz-Moment. Das liegt auch daran, dass Rey und ihre Freunde Planeten vor allem deshalb besuchen, damit auf ihnen schnelle Angriffsmanöver durchgeführt werden können. Das führt zu Hektik. Es fehlen die Heimatplaneten der Helden. Also die Orte, in denen Erzählungen sich entfalten, die Menschen, die dort leben, Gestalt annehmen können. Unabhängig davon: Das Wrack des zweiten Todesstern hätte doch nicht auf diesen Ozeanmond namens Kef Bir fallen müssen, sondern auf den naheliegenden, den er die ganze Zeit umkreiste: Endor, Heimat der Ewoks – die aber schienen die Filmemacher unbedingt ausgrenzen zu wollen.

Nicht weniger befremdlich sind die Verweise auf Sword & Sorcery, die nun wirklich gar nichts mit „Krieg der Sterne“ zu tun haben: Schatzkarten mit verschnörkelten Schriftbildern, und die Imperator-Zentrale schmücken riesige Steinstatuen von Rittern mit Schwertern und Schildern. Standen die schon immer im Todestern herum? Statuen aus Stein? Und seid wann haben Kämpfer in jenem Universum Schilder? Das sieht doch arg nach Anbiederung an „Game of Thrones“ aus (Zeitgeist-Anbiederung findet nicht nur an die Werke George R.R. Martins statt, sondern auch an Marvel, Punkt 12).

Und hat denn niemand J.J.Abrams gesagt, dass man Charlie aus „Lost“ besser nicht in eine Umgebung versetzen sollte, die wie ein Dschungelcamp belichtet ist? Und hat Dominic Monaghan eigentlich selbst für diese Rolle, für die er nicht notwendig gewesen wäre, zahlen müssen?

12. Marvel

„They Fly Now!“, bemerkt Poe über die fliegenden Sturmtruppen. Die befinden sich mit ihren Möglichkeiten jetzt wohl auf Superhelden-Level. Nur eine der eher kläglichen Anbiederungen ans Marvel-Universum, dessen Einspielergebnisse denen von „Star Wars“, nun, längst entflogen sind.

Noch unangenehmer sind die Motivationsreden der Helden, die auch in Unterzahl auf Zusammenhalt pochen – und auf Vorteilen gegenüber dem Feind, weil Mut und Freundschaft jede Armee besiegen könnten. Besteht normalerweise keinen Praxistest. So reden aber die Avengers, was angemessen ist. Hier wirkt es aufgesetzt.

Und seit wann spielt die „Wasp“ aus „Ant-Man & The Wasp“ nun auch bei „Star Wars“ mit?

13. Die Medaille

Eine Nice-to-have-Szene, letztendlich aber schräger Fan-Service: Chewie erhält 42 Jahre nach „Eine neue Hoffnung“ endlich die Siegermedaille. Damals hatte er ein wenig aus der Wäsche geguckt, kurz vor dem Abspann sogar nochmal – womöglich aus Verzweiflung – in den Saal gebrüllt. War der Wookie es doch, der Han ins Gewissen geredet und seinen Kumpel überzeugt hat, Luke im Kampf gegen den Todesstern beizustehen.

Strenggenommen würde der Todesstern also noch stehen, hätte Chewbacca nichts unternommen. Jetzt also erhält er die Auszeichnung. Aber, mal ehrlich: Welcher Ex-Rebell hätte sich denn noch an diese Ungerechtigkeit nach all den Jahrzehnten erinnert? Die späte Ehrung war doch gewiss Resultat von Chewies hartnäckigen Nachfragen.

14. John Williams

John Williams 2016

Der 87-jährige Komponist ist eine lebende Legende. Alle können die Melodien aus „Der weiße Hai“, „Star Wars“, „Jäger des verlorenen Schatzes“ und „E.T.“ mitpfeifen – Melodien für die Ewigkeit. Leider sind dem Meister seit „München“ von 2005, also seit fast 15 Jahren, keine einprägsamen mehr gelungen. Oder kann irgendjemand aus dem Stand die Titelstücke von „Tim und Struppi“, „Minority Report“ oder „The BFG“, also Filme, die Fanfaren benötigen, anstimmen? Und wer erinnert sich überhaupt an „The Adventures of Han“ – das Lied für den Schmuggler, das Williams nach fast 40 Jahren für den „Solo“-Film nachreichte?

Dass Williams keine bedeutenden Soundtracks mehr gelingen, muss man ihm nicht vorhalten. Irgendwann ist die eigene Schatzkammer leer. Wenig überzeugend jedoch wurden alte „Star Wars“-Motive für Szenen der neuen Trilogie zweckentfremdet. Anklänge des „Duel Of The Fates“ sind vernehmbar, und bei Reys Besuch in der Imperator-Lounge des Todesstern erklingt ausgerechnet „Darth Vader’s Death“ von 1983, also die Melodie für einen Menschen, der in ihrer Konfrontation mit dem eigenen Großvater überhaupt keine Rolle spielt. Und doch sind diese alten Gassenhauer markanter als alles ab „The Force Awakens“ von 2015. Was dazu führt, dass man sich jedesmal auch nach den Klassikern zurücksehnt.

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Anthony Harvey
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Michael Kovac Getty Images

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