Tindersticks – London, ICA

Fünf Abende mit den Tindersticks, und am Anfang vollziehen alle Beteiligten immer wieder dasselbe Ritual: Die Zigaretten werden rausgekramt und feierlich entzündet. Auf der Bühne wie im Publikum. Das ist aber eigentlich auch schon die einzige Konstante der Konzertreihe im Londoner Institute Of Contemporary Art, ansonsten bestimmt der Wechsel das ambitionierte und schon lange ausverkaufte Unternehmen. Licht, Instrumentierung, Setlist von Abend zu Abend werden neue Akzente gesetzt.

Die Tindersticks sind Perfektionisten, aber von ihren Stimmungen können sie sich nicht befreien. Das macht sie um so einnehmender. Während des zweiten Auftritts fährt sich Stuart Staples nervös über sein Gesicht, auf das die Beleuchtung wilde Schatten wirft. Bei „My Sister“, dem Talking Blues im Hitformat, entfallen ihm plöztlich die Worte. Nicht so schlimm, das Publikum hilft aus – dafür fordert es im Anschluß lautstark Lieblingssongs.

Am nächsten Abend herrscht hingegen andächtige Stille im Auditorium. Staples hat sich dafür entschuldigt, daß er am Vortag betrunken gewesen sei, und eine Streichersektion modelliert das weiche Element der Kompositionen heraus, während er im warmen Weiß des Gegenlichts das Mikro zu „Tiny Tears“ liebkost Bombastisch. Aber für den nächsten Auftritt wird abgespeckt. David Boulter verzichtet sogar aufs ansonsten stets präsente Piano, so müssen die Melodien neue Wege der Entfaltung finden. Die sechs Musiker, die heute jeweils im eigenen Spotlight stehen, arbeiten extrem konzentriert.

Die Tindersticks schuften wie keine zweite Band für den Schönklang. Ihre Musik hat viel mit Tränen zu tun, aber noch mehr mit Schweiß.

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