Top Ten Club: Zayn Malik, Xavier Naidoo und Pelham – Mohammed, Jesus und Buddha in den Charts

Während das Solodebüt von Teenieschwarm Zayn Malik in den USA und Großbritannien unisono auf die Eins geht, steigt hierzulande ein Phönix aus Mannheim aus der Asche der bizarr gecrashten ESC-Nominierung.

Ganz kurz nach einer erschreckend lieb- und konzeptlosen Echo-Verleihung 2016  mit Helene-Fischer-Dauerpower und bizarren Kategorien („Nationaler Act im Ausland“) blickt der Top Ten Club zu Beginn ein wenig trotzig nach Großbritannien und in die USA. Dort ist – wie neulich schon bei der Teenie-Indieband The 1975 – ein- und derselbe „Act“ auf Platz eins der Albumcharts: das Solodebüt des Ex-One-Direction-Sängers Zayn Malik, „Mind Of Mine“, der aus der mittelenglischen Stadt Bradford stammt. Der bislang nicht als sonderlich religiös aufgefallene Muslim, Zayns Vater kam einst aus Pakistan, stammt aus einer Hochburg der Rechtsaußen-Partei National Front.

Diese Kombinationen birgt Zündstoff, der dem Mainstream-Pop in den letzten Jahren doch schwer abhanden gekommen ist. Man könnte es in Zeiten der Xenophobie und des wachsenden Nationalismus trefflich Musik zur Zeit nennen, wenn Zaym in seinen geschliffenen Songs ein Leben voller Sex und Glamour thematisiert. Ist das die Popversion eines dann doch multikulturellen Alltags?

Weisheiten des Benediktinermönchs

Zurück in Deutschland hat sich der vom NDR geschasste ESC-Abschlusskandidat Xavier Naidoo schnell wieder berappelt. Wieder dick bekumpelt mit Moses Pelham vertraut der Sohn Mannheims erneut treu seinem einstigen Ziehvater. Ein bitterböser Streit um angebliche Knebelverträge hatte die beiden multikulturellen Popdeutschen über ein Jahrzehnt lang entzweit. Ab Herbst 2014 dann die Annäherung zwischen dem Ex-Produzenten und „seinem“ Sänger, die standesgemäß in einem Ferrari in der RTL-Motorsendung „Auto Didakten“ besiegelt wurde. Nun also – als Auskopplung des Nummer-Eins-Albums „Nicht Von Dieser Welt 2“ – die Single „Renaissance Der Liebe“, wo im PR-Clip neben allerlei prätentiösen History-Channel-Verweisen ein Schwenk über die Frankfurter Skyline die große Reunion eingroovt. Selbst bei den Texten von Naidoos Studioalbum Nummer sieben war der Dr. Dre vom Main maßgeblich beteiligt.

Es geht, man ahnt es schon, weiterhin um Liebe und Spiritualität. Ein Kessel bunte Weisheiten von Jesus bis Buddha. Auch ein Benediktinermönch kommt vor. Merkwürdige politische Aussagen sind nicht dabei. Der Sound wiederum erhebt keinen Anspruch auf Anschluss an moderne Spielarten aus dem US-R’n’B oder HipHop. Kanye West und Konsorten erscheinen Lichtjahre entfernt.

Damit bewegen sich die wieder vereinten Seelenbrüder Pelham und Naidoo in der Erfolgsspur der Offiziellen Deutschen Albumcharts, die zuletzt von Woche zu Woche extrem durcheinander gewirbelt worden sind. Eine Konstante dabei ist sicher der alte und neue Schlager, auch jenseits von Echo-Vierfach-Abräumerin Frau Fischer. Dazu Metal aus Schweden und Rap aus deutschen Studios, sowie die Erkenntnis, dass die kölschen Teestuben-Rocker AnnenMayKantereit kein Hype der Lügenpresse sind, sondern sich mit „Alles Nix Konkretes“ bislang recht stabil in den Top Ten halten.

Erkenntniswert? Je digitaler die Technik, desto konservativer die Inhalte. Und auch ein wenig Weihrauch kann – in Zeiten wie diesen – nichts schaden.

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