Verheiratet auf den ersten Blick

Fest steht also, dass sie austeilen kann, und dass sie austeilen könnte, wenn sie denn wollte. Gleichsam auf einer Metaebene wäre es durchaus denkbar, dass sie es auch nun tun würde. Schließlich geht es um ihren neuesten Film „Marry Me – Verheiratet auf den ersten Blick”, der seit Ende Februar in deutschen Kinos läuft. Sie hat den Film nicht nur produziert, sie hat auch die Hauptrolle übernommen, am Soundtrack mitgearbeitet und selbst gesungen – das Lopez-Projekt par excellence.

Es geht in dem Film um eine gewisse Kat Valdez, ein Weltstar, die kurz vor ihrer millionenfach gestreamten Hochzeit steht, als sie erfährt, dass ihr Verlobter (der überaus attraktive kolumbianische Reggaetonstar Maluma) sie betrogen hat. In ihrer Panik tut sie, was im echten Leben ungefähr null Menschen tun würden: Sie heiratet kurzerhand einen willkürlich aus der Menge gezogenen Typen (der als willkürlich aus der Menge gezogener Typ sehr versierte Owen Wilson). Es folgt ein bisschen moderater Spaß, weniger, als man angesichts der Mitwirkung von Sarah Silverman erwarten würde. In anderen Worten: Weltstar Jennifer Lopez, die (angeblich) immer wieder betrogen wurde und (möglicherweise) wenn nicht direkt vor dem Altar, so doch in unmittelbarer Nähe von Ben Affleck verlassen wurde – und mit dem sie als magischer Twist des Schicksals nach gut 18 Jahren gerade wieder zusammen kam – spielt einen Weltstar, der … usw., Sie verstehen schon. Die Kunst imitiert das Leben. Man vermutet eine Echokammer der Gefühle.

„Klar, vieles an Kat kann natürlich nur jemand wie ich verstehen”, räumt sie ein. „Ich musste mich die ganze Zeit selbst erinnern: ‚Du weißt doch, wie es ist, wenn du vor vielen tausend Fans bloßgestellt wirst. Weil es dir nämlich passiert ist. Wie gehst du damit um? Wie fühlt es sich an, wenn alles in Scherben liegt; und wenn du nach Hause kommst, macht man sich im Fernsehen über dich lustig, als ob du keine Gefühle hättest? Wie fühlst du dich dann? Du hast natürlich wie im Film Rotz und Wasser geheult. Genau so geht es einem nämlich dabei. Oder das Wegducken, weil du denkst, du ertrinkst, du kriegst keine Luft mehr, weil du falsche Entscheidungen getroffen hast – und es weißt.“

Man muss zugeben, dass sich das sicher nicht gerade toll anfühlt; aber im Film wird dieses Nicht-Gerade-Tolle schon ein bisschen von all den herrlichen Räumen und Designerteilen und Produktplacements und dem exquisiten Licht abgefedert. Weshalb es durchaus erhellend wäre, auf etwas persönlicherer Ebene darüber zu reden. Diese bewusst falschen Entscheidungen zum Beispiel – ob sie vielleicht Lust hätte, das ein bisschen näher auszuführen?

Hat sie nicht. Jedenfalls nicht direkt. „Du merkst einfach, dass es keine Regeln gibt”, sagt sie etwas nebenbei, die Füße auf die Chesterfield gezogen, zwei karamellfarbene Haarsträhnen im makellosen Gesicht. „Am Ende musst du einfach das Gefühl haben, genau das zu tun, was für dich in diesem Moment das Richtige ist. Du musst schließlich mit dir leben. Immer wenn ich gegen meinen Instinkt oder mein Bauchgefühl gehandelt habe, saß ich am Ende da wie ein Häufchen Elend.“

Ja, gut, aber was wäre denn ein Beispiel für eine Zeit, in der sie so ein Bild des Jammers gab? „Da gibt es viele. Nur ein kleines: Immer, wenn man etwas aus Angst tut, etwa. Immer, wenn du denkst ‚Hm, vielleicht sollte ich dieses oder jenes tun, weil ich sonst für eine ganze Weile weg vom Fenster bin.‘ Hinterher sitzt du da und denkst: ‚Das hätte ich lassen sollen. Das war ein dummer Move. Das ging schief.’”

Gibt es denn eine konkrete Situation, in der es schief ging?

„Ich suche gerade nach einer.“ Sie schiebt eine Strähne zur Seite. Sie kratzt sich am Bein. „Es ist nicht leicht.”

Wie sieht es mit der Beziehung zu Ben Affleck aus? Läuft die denn, bei aller Verspätung, endlich gut? „Ich will dazu nicht viel sagen. Wir sind beide erwachsener geworden. Wir sind uns ähnlich, und wir sind sehr verschieden. Das ist nett.”

Nett? Nett?

„Ja nun … wenn man eine zweite Chance mit der großen Liebe bekommt … doch.” Jetzt zittert das Bein. „Wie gesagt, wir haben viel gelernt. Wir wissen, was echt ist und was nicht. Also, am Ende … hat sich das Spiel verändert. Nochmal: Ich werde nicht viel dazu sagen.”

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