Vier reizvolle Widersprüche

Freude oder Schmerz. Komm her! Aber wenn, tu‘ mir nichts. Frauen sind ständig im Wechselbad der Gefühle. Sie schwanken zwischen extremer Angriffslust und offen zur Schau gestellter Verletzlichkeit. Ein Widerspruch, der seinen Reiz hat. Sonst würden Männer nicht ständig versuchen, ihm auf den Grund zu gehen.

Am deutlichsten zeigt sich die weibliche Widersprüchlichkeit, wenn Frauen Musik machen. Aktuelles Beispiel: das neue, dritte Album der Hamburger Band Die Braut Haut Ins Auge. Es trägt den Titel „Pop ist tot“, enthält aber gleichzeitig mehr Pop-Gefiihl, als von den vier Damen bisher zu hören war. Aber das hat natürlich Methode.

„Pop ist tot“ – das klingt plakativ und paßt zu den kokett in Leder posierenden „Bräuten“ auf dem Cover. Drinnen ist die Provokation dann schnell vorbei. Pop, wir ahnten es schon, ist nicht tot, sondern schrammelt fröhliche Folk- und Beat-Hymnen aus den Sixties oder sampelt zusammen, was 70er, 80er und 90er Jahre an Interessantem zu bieten haben. Aber: „Wir sind seit unserem letzten Album viel selbstbewußter geworden, reifer und offener“, sagt Chef-Braut Bernadette Hengst „Deshalb gibt es auch so viele neue Facetten auf diesem Album. Jede von uns konnte sich, losgelöst von der Band, im eigenen Interessenfeld umsehen. So treffen traditionelle Songs auf Sachen wie ‚Der Jogger'“.

Das eineinhalb Minuten lange Song-Fragment stammt aus der Feder der aus England stammenden Bassistin Peta Devlin, die eine Zeitungsmeldung über eine Vergewaltigung zum Anlaß nahm, ein gänsehauterzeugendes Experiment zu wagen. Aus Soundschnipseln und Elektronik schuf sie ihr überzeugendes Pamphlet gegen männliche Grausamkeit, den Dreh- und Angelpunkt des ganzen Albums. Ein plötzlicher Aufschrei feministischer Wut inmitten all der abgeklärten, ironischen Pop-Moderne. „Feminismus“, so Peta, „das ist für uns eher der Vorgang, als Rockband aktiv zu sein und dabei manchmal etwas über weibliche Sichtweise einfließen zu lassen. Mit der bewußten Abgrenzung gegen alles, was männlich ist, konnten wir noch nie etwas anfangen.“ Und Bernadette fügt hinzu: „Leider wird man immer noch ganz schnell als Emanze abgestempelt, nur weil man eine Gitarre hält.“

Stimmt natürlich. Und so haben sie es schwer, als ganz normale Mädchen, die mit viel Inspiration ihre Ideen von Popmusik verfolgen, einen geeigneten Platz zu finden. Selbstbewußt wollen sie sein, aber keine Emanzen. Im Lederdress posieren sie, dabei gelten Sexsymbole gemeinhin ja als dämlich. Sie sollten für das geliebt werden, was sie sind: Sympathische weibliche Wesen mit zuweilen anstrengenden, aber interessanten Widersprüchen. Typische Frauen eben…

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