Wenn Ottfried Fischer mittwochs den Bildschirm füllt, kann die TV-Konkurrenz einpacken. Wunder gibt es immer wieder

Er geht, und er guckt. Dann guckt er noch mal und geht wieder ein bisschen. Manchmal kneift er die Mundwinkel zusammen, was als Lächeln gewertet werden soll, und dann nuschelt er etwas durch seine wulstigen Lippen, das ziemlich schwer zu verstehen ist und von Sprachwissenschaftlern wohl als Abart eines bayrischen Idioms identifiziert würde. Dann geht er wieder, und dann guckt er noch mal.

Mehr braucht es nicht, um das schauspielerische Vermögen des Ottfried F. zu quantifizieren. Grund genug anzunehmen, dass so einem im deutschen Fernsehen allenfalls die Rolle einer Litfasssäule zugewiesen werden dürfte. Oder vielleicht in einer möglichen „Titanic“-Neuverfilmung die Rolle des tödlichen Eisbergs. Aber weit gefehlt. Ottfried Fischer gehört derzeit zu den meistbeschäftigten Mimen dieser Republik. Und besser noch: Er ist einer der erfolgreichsten. Wo Fischer drauf steht, ist Quote drin.

Für seinen Hauskanal Sat.l ist er so etwas wie eine sichere Bank. Die ganze Woche über darbt der Berliner Sender abseits des Zuschauer-Interesses, doch dann kommt der Mittwoch, dann kommt Ottfried Fischer und mit ihm der Erfolg. Ein überragender Erfolg. Denn ob Ottfried Fischer nun als „Der Bulle von Tölz“ den Kriminalen gibt oder als „Pfundskerl“ einen Reporter des Hamburger „Blitz-Kuriers“ darzustellen versucht, tut dabei wenig zur Sache – für Sat.l fahrt er auf jeden Fall den Tagessieg ein. Da kann sich Platzhirsch RTL, der sonst alles souverän beherrscht, noch so mühen gegen die geballte Zugkraft dieses Schwergewichts ist kein Ankommen.

Welche Rolle Ottfried Fischer gerade spielt, ist auch deshalb nicht von Belang, weil er eigentlich immer dieselbe spielt Stets ist er der gemütliche Dicke vom Dienst, der irgendwie immer in irgend so einen Fall hineingezogen wird und diesen auf seine immer gleiche Weise löst. Also geht er und guckt. Und er guckt, und er geht. Ab und an verzieht er die Lippen und sondert verbal etwas Kauderwelschiges ab, woraufhin am tot aufgefundenen Senionn und einem Skelett am Strand. Natürlich hat er die Fälle gelöst, ist herum gegangen und hat geguckt, und dann hat er geguckt und ist herumgegangen. Und hinterher stimmte die Quote schon wieder.

Im Herbst hat Ottfried Fischer übrigens tatsächlich mal einen Seitensprung gewagt was eigentlich ein falsches Bild ist, weil man sich einen Sprung bei seiner Statur, die jeden rasenden Zug aus den Gleisen werfen könnte, kaum vorstellen mag. Auf jeden Fall hat sich Otti für Sat.1 einmal aus der Spur begeben und in „Die Dickköpfe“ einen Bösen gespielt. Nicht richtig böse war er, nur ein bisschen hinterlistig eben und nicht ganz so gut wie der Gute. Einen bayerischen Fußballvereins-Präsidenten und Brauereibesitzer hat er dargestellt und die Rolle ganz anders als sonst angelegt. Er war nämlich ausnahmsweise mal adrett gekleidet und trat nicht als offensichtlicher Großabnehmer einer Altkleidersammlung auf. Ansonsten ist er gegangen und hat geguckt, und dann hat er geguckt und ist ein bisschen gegangen.

Ein englisches Filmlexikon verbucht ihn als larger-than-life-detective, was eine schöne Beschreibung seiner auf geschätzte 150 Kilogramm Lebengewicht verteilten Qualitäten liefert. Schließlich schätzt der deutsche Zuschauer seinen Schluss der Bösewicht meist hinter Gitter oder in die ewigen Jagdgründe kommt.

Neulich spielte der nebenbei und ursprünglich auch als Kabarettist recht erfolgreiche Fischer mal ausnahmsweise für die ARD eine Rolle. Als Pfarrer Braun musste der 1953 im Bayrischen Wald geborene Sohn eines Landwirts sich wieder einmal von der Stelle, wo sich die Donau anschickt, Deutschland zu verlassen, in den kühlen Norden begeben und bekam es dort prompt zu tun mit einer bayerischen Oftifanten möglicherweise auch gerade deshalb, weil er selten zu rasanten Bewegungen fähig ist, weil er sich als leicht zu kalkulierende Ein-Mann-Kultur mächtig gegen die ansonsten übliche Knallbumm-Rummsbumms-Explosions-Action stellt und man somit eigentlich nicht hinschauen muss, weil man sowieso zuverlässig weiß, was Ottfried Fischer in seinen Rollen gerade tut.

Er geht, und er guckt, und dann guckt er, und dann geht er…

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