
Kleine Erinnerung an „Steve McQueen“ von Prefab Sprout
Arne Willander über die Ursprünge des „Sophistipop“.

Im Sommer 1985 machte meine Familie einen Urlaub in Österreich. Die Reise dauerte lange, weil wir von Hamburg aus fuhren. Auf der Rückbank hörte ich im Walkman zwei Kassetten: Die eine Kassette war, aus Gründen, „The Nylon Curtain“ von Billy Joel. Irgendwo bei Kleinostheim wechselte ich das Programm und legte „Steve McQueen“ von der britischen Band Prefab Sprout in das Fach.
Dieses Album war noch ziemlich neu, aber nicht die Art von Platte, die ich sofort kaufte. Andererseits sah die Coverabbildung sehr cool aus. Und was sollte das heißen, „Steve McQueen“? Kein Song war so betitelt.
Natürlich, Paddy McAloon und Wendy Smith sitzen auf dem Triumph-Motorrad, das McQueen in dem Film „The Great Escape“ von 1963 fährt. Er spielt da einen amerikanischen Offizier, der in einem Kriegsgefangenenlager in Deutschland interniert ist und immer wieder Fluchtversuche unternimmt, gefasst und zurückgebracht wird.
In seiner Gefängniszelle wirft er einen Baseball an die kahle Wand. Schließlich entkommt er mit einem kühnen Sprung über einen Zaun, wenn auch nicht aus Deutschland.
Du gibst mir Faron Young
Der Plattentitel ist also fabelhaft. Prefab Sprout hatten bis dahin erst eine Platte gemacht, „Swoon“ von 1984, die Kritiker ungefähr so begeisterte wie „Soul Mining“ von The The im Jahr zuvor. Am liebsten mochte ich „I Never Play Basketball Now“.
Die Songs wirkten irgendwie linkshändig, sie hatten einen schüchternen Drall ins Verschrobene. Der Songschreiber McAloon klang, als traute er sich noch nicht.
„Steve McQueen“ nun hatte Thomas Dolby produziert, ein Zauberer, der mit „She Blinded Me With Science“ einen Hit hatte und sich bald mit Joni Mitchell anlegen würde. Er hat die Stücke mit kleinen Soundeffekten und Schnörkeln unterlegt, sodass die wechselnden Geschwindigkeiten und Stimmungen betont werden.
Das erste Stück heißt „Faron Young“ und handelt eigentlich nicht und doch von dem amerikanischen Country-Sänger, keine populäre Figur im Großbritannien von 1985: „You give me Faron Young, four in the morning.“ Schon in diesem ersten Lied ist ein Fernweh, das auch in „Desire As“, „Blueberry Pies“ und „Goodbye Lucille #1“ mitschwingt.
McAloon hatte das, was man PopSensibilität nennt, und er verehrte Brian Wilson und Cole Porter, Elvis Presley und Marvin Gaye, Frank Sinatra und Bruce Springsteen in einer vielleicht gar nicht so unwahrscheinlichen Mischung, die beim nächsten Album, „From Langley Park To Memphis“, noch deutlicher wurde.
„Hot dog, jumping frog, Albuquerque“ aus „The King Of Rock’n’Roll“ und das ein bisschen alberne Video sollten die Karriere befördern. Es sollte nicht sein.
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Im Winter desselben Jahres traten Prefab Sprout in „Rock aus dem Alabama“ auf, einer verdienstvollen Sendung des Bayerischen Rundfunks. McAloon spielte eine Fender Stratocaster, die Jeansjacke legte er bald ab, ein weißes Unterhemd kam zum Vorschein.
Er spielte „Steve McQueen“ praktisch rückwärts, dazwischen den Song „Tifanys“, der auf der nächsten Platte, „Protest Songs“, erscheinen sollte. Die Plattenfirma wollte sie zunächst nicht haben.
In den viel zu schnellen Crawlers am unteren Bildrand informierte man uns darüber, dass Prefab Sprout für ihren „Sophisticated Pop“ bekannt seien und dass der Schauspieler Steve McQueen verhindert habe, dass die Platte in den USA unter seinem Namen veröffentlicht wurde – sie hieß dort „Two Wheels Good“.
Steve McQueen war 1980 gestorben. Prefab Sprout spielten kaum eine Stunde. Später wurde Paddy McAloon etwas seltsam und ließ sich einen langen Bart wachsen, aber wie herrlich war dieses Konzert!