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„Den Beatles verdanke ich mein Leben“

Warum er den International Music Award in der Kategorie "Hero" bekomme, fragt Sting beim Backstage-Treffen und grinst – er sei doch nur Musiker, habe nur seinen Job gemacht. Er bekommt ihn, unter anderem, für seine immer noch modernen Songs und dafür, dass er ein Leben neben dem Pop führt, inklusive Umwelt-Engagement.

Sting wirft den Blick zurück nach vorn. Schließlich ist er auf  Welttour, um das Konzept seines aktuellen Albums „My Songs“ auf die Bühne zu bringen. Aus dem riesigen Schatz seiner jahrzehntelangen Songwriter-Karriere hat er fünfzehn persönliche Favoriten herausgepickt. Frühe Kracher seiner Band The Police wie „Roxanne“ und „So Lonely“ mit dem prägnanten Gitarren-Rhythmus. Oder auch die Welthits seiner späteren Solokarriere, „Englishman in New York“ etwa.

Es habe großen Spaß gemacht, die Songs aus heutiger Sicht neu zu bearbeiten, sagt er. Ohne Regeln, ohne Modernisierungszwang. „Mein Ziel war es immer, Hits zu schreiben, ohne mich an die einschlägigen Regeln zu halten. Gegen den Strich sozusagen“, sagt Sting im Interview. „Die ersten Tracks von The Police waren Rock-Reggae-Kombinationen, unsere Hommage an Reggae. Letztlich erwiesen sich diese Hybride als ziemlich originell. Unser Sound.“ Popmusik, die zeitlos geworden ist. Funktionierte auch sehr gut beim IMA am vorletzten Novemberwochenende, als Sting zunächst seine Dankesrede auf Deutsch hielt und im Anschluss „If You Love Somebody Set Them Free“ und „So Loneley“ sang.

Sie inspirierten ihn, seine eigenen Songs zu schreiben

Über 40 Jahre später bewies Sting die Frische seiner Lieblingssongs auch auf der Bühne. „Es gehört auch viel Glück dazu, einen Hit zu landen. Wenn man dieses Glück einmal hatte, sollte man sich beeilen, schlau zu sein. Ganz schnell!“ Sting hat sich dafür immer wieder neu erfunden. Als altersloser 68-Jähriger ist er nun weltweit mit seinen Kompositionen unterwegs. Zwischen Mai und August 2020 sogar 16-mal im Colosseum des Hotelkomplexes „Caesars Palace“ in Las Vegas. Eine „Residency“ im Wohnzimmer der größten EntertainerInnen dieser Welt.

„Meine Mutter war Musikerin, ich wurde auch von ihrer Plattensammlung erzogen. Sie spielte Klassik, Musik von Broadway-Musicals, mochte Pop und brachte auch Rock ’n‘ Roll ins Haus“, erzählt er. „Ich war offen für alles und habe damit begonnen, mich verstärkt für schwarze Musik zu interessieren. Großbritannien war damals voll davon: Blues, Jazz, Rhythm ’n‘ Blues, Soul und Reggae. Es war toll, mit all dieser Musik aufzuwachsen.“

Der International Music Award für sein Lebenswerk

Auf dieser vielfältigen kreativen Basis gelingt es Sting bis heute, die Geschichte der populären Musik immer wieder neu zu interpretieren. Auf seine Art. Er sagt aber auch: „Ich verdanke den Beatles mein ganzes Leben!“ Schließlich seien es normale Typen aus Liverpool gewesen, einer Arbeiterstadt wie seine Heimat Newcastle. „Und sie haben zur damaligen Zeit etwas sehr Ungewöhnliches getan, was weder Frank Sinatra noch Elvis konnten: Sie haben ihre eigenen Songs geschrieben! Da sie aus einem ähnlichen Umfeld stammten, hat das meine Generation als Erlaubnis und Ansporn zugleich genommen, ihnen nachzueifern.“

Seine Wahl beim International Music Award zum „Hero“ für sein Lebenswerk kommentiert er mit britischem Understatement. Besonders heldenhaft würde er seinen Karriereweg nicht nennen. „Du musst jeden Tag eine Entscheidung treffen, ob man nun rechts herum will oder nach links. Wenn ich im Rückblick auf diese vielen kleinen Yes- oder No-Fragen zurückblicke, wäre mein Leben komplett anders verlaufen, hätte ich mich jeweils anders entschieden. Aus heutiger Perspektive wirkt es, als hätte ich an all diesen Weggabelungen meistens die richtige Wahl getroffen. Ich kann nur dafür dankbar sein“.

Sting lässt sich auf großer Tour auch nicht von einer Verletzung an der Schulter abhalten. Sein rechter Arm ist in einer Schlaufe fixiert. An das Spielen eines Instruments ist nicht zu denken, weder Gitarre noch Bass. Das Live-Programm wird entsprechend umgestellt. Improvisation ist angesagt. Auf der Bühne steht er in Jeans und mit übergeworfenem Kurzmantel. Einfacher geht´s kaum.

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Er ist ohnehin niemand, der jemals viel Wert auf ein aufwendiges Äußeres gelegt hätte. „Schon der Style von The Police ergab sich rein zufällig. Wir haben uns auf die Musik konzentriert und überhaupt nicht visuell gedacht: Das kam erst später, als MTV in den USA aufkam“, sagt er. „Später wurde die Optik zu einem wichtigen Faktor. Man musste bedenken; doch seit den Anfangsjahren habe ich mich einfach nur als Musiker gesehen.“

Der „Englishman“ mit Regenwald-Engagement

Am 6. Dezember 2019 steht Sting neben den US-Rocklegenden Bruce Springsteen, James Taylor und John Mellencamp auf der Bühne des Beacon Theatre in New York. Auch britische Wegbegleiter wie die Eurythmics oder Bob Geldof sind dabei. Ein großes Benefizkonzert zum Jubiläum für den „Rainforest Fund“, den Sting vor 30 Jahren mitbegründet hat. Schon damals waren die Regenwälder am Amazonas und mit ihnen die Menschenrechte der indigenen Bevölkerung bedroht. Sting hatte sich am Rande einer Brasilien-Tour spontan engagiert, half, NGO-Strukturen mit aufzubauen, und ist seitdem dabeigeblieben.

Es passt zu ihm, dass er sein Engagement seit der „Live Aid“-, „Band Aid“- und „Farm Aid“-Welle der 1980er-Jahre kontinuierlich weiterbetreibt. Gemeinsam mit seiner Frau Trudie Styler verglich er die aktuelle Katastrophe im Amazonasgebiet in einem dramatischen Facebook-Post mit dem großen Brand von Rom, als Kaiser Nero im Feuerschein auf der Leier spielte. Die Menschheit als durchgeknalltes Imperium. „This is no time for fiddling; the world is burning“, endet ihr Appell. Beim Engagement für den Regenwald kennt der sonst so relaxte Sting kein Pardon.


Eine Produktion der Axel Springer Brand Studios für die Telekom. Die Redaktion war nicht beteiligt.