Interview

RAF Camora: „Ich liebe Nirvana, aber lyrisch ist das Bullshit“

Mit seinem Sound hat RAF Camora den Deutschrap verändert. Doch die wenigsten wissen, dass sein Herz auch für harte Rockmusik schlägt.

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Mit dem ROLLING STONE spricht RAF Camora über seinen prägenden Metallica-Moment, was er an Nirvana nicht mag und warum er Noel immer schon besser fand als Liam Gallagher – und natürlich über sein neues Album, das dieser Tage erscheint.

Hi RAF, wir sitzen hier in Deinem Studio in Berlin und du wirkst ausgesprochen fit. Dabei war die Entstehungsphase deines neuen Albums alles andere als einfach. Du hattest mit schweren gesundheitlichen Problemen zu kämpfen…

Ja, ich habe tatsächlich keine allzu gute Zeit hinter mir. Um die Geschichte von vorne zu erzählen: Ich war 2023 gerade auf Ibiza mit der Familie und bereitete meine nächste große Tour vor. Die letzten Monate waren schon ziemlich wild. Ich hatte in zwei Jahren fünf Alben und zwei Bücher geschrieben, dazu zwei oder drei Tourneen gespielt. Ich stand komplett unter Strom. Ich rannte von Projekt zu Projekt. Ich lag dann nachts in meinem Bett und hatte einen merkwürdigen Traum. Ich träumte, dass ich eine Show spielen müsste, aber die Bühne nicht mehr fand. Die Intro-Musik setzte ein und ich wurde immer panischer. Dann wachte ich auf – und hatte einen Tinnitus. Da kriegt man als Musiker wirklich Panik. Ich rannte durch den Garten und bekam dieses Fiepen nicht aus dem Ohr. Am nächsten Tag ging es zwar etwas besser, aber der Tinnitus kam immer wieder.

Du hast zunächst versucht das einfach zu verdrängen?

Ja, ich habe mir eingeredet: Ach, das wird schon wieder. Ich kriege das in den Griff. Das ist nur der Stress. Aber irgendwann hatte ich auch noch einen Hörsturz. Und dann noch einen. Und plötzlich hatte ich immer wieder dieses Bild vor Augen: Was ist, wenn ich auf der Bühne stehe und plötzlich nichts mehr höre und meinen Gleichgewichtssinn verliere? Das wäre die größte vorstellbare Blamage. Die Leute würden ja denken, ich wäre auf Droge. Ich bekam regelrechte Panik vor der Tour, die immer näher rückte.

Und dann hast du die Notbremse gezogen?

Ich sprach ganz offen mit meinem Manager und der stellte mich vor die Wahl: Entweder, sagte er, du nimmst Dir eine Auszeit, ziehst Dich jetzt zurück und hast dann noch viele Jahre vor Dir, die Du mit genügend Energie ausfüllen kannst. Oder Du drückst diese Tour unbedingt durch – mit dem Risiko, dass du möglicherweise zusammenklappst und am Ende einen Burnout kriegst, der Dich im schlimmsten Fall Deine Karriere kostet. Ich entschied mich die Tour abzusagen. Mein Manager sagte, dass er mich in den nächsten Monaten nicht mehr in der Nähe eines Studios sehen will. Ich solle wirklich wegfahren und mich um mich selbst kümmern.

Und wo bist Du hingefahren?

Ich bin nach Dubai geflogen, habe mir am hintersten Eck der Palmeninsel eine Wohnung gekauft und mich komplett abgeschottet. Mein Leben drehte sich nur noch um Sport und Ernährung. Nach einigen Monaten schickte mir mein Kumpel Hamudi dann einen Beat. Er basierte auf einem Sample von Falcos „Out Of The Dark“. Wenn du wieder zurückkommst, schrieb er mir, dann damit. Ich hörte den Beat und verliebte mich sofort. Von dem Moment an gab es kein Halten mehr für mich. Ich dachte nur noch darüber nach, was ich da musikalisch draus machen könnte. Mir ging es mittlerweile wieder besser und ich ging ins Studio. Und so kehrte ich dann mit der Single „Out Of The Dark“ wirklich zurück und begann von diesem Moment an mit den Vorbereitungen zu meinem neuen Album „Forever“, das jetzt erscheint.

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Das klingt nach einer ziemlichen körperlichen und auch mentalen Krise. Und dennoch klingt das Album dann doch sehr RAF-typisch. So als wäre nie etwas passiert….

Und das soll auch so sein. Schau: Ich war als Jugendlicher der größte Fan des „Black Album“ von Metallica. Diese Platte war für mich wie eine Bibel. Als sie danach dann „Load“ veröffentlichten und auf einmal alle die Haare geschnitten hatten und aussahen wie Cowboys, verstand ich die Welt nicht mehr. Das waren nicht mehr meine Metallica. Ich war abgefuckt. Ich konnte mich mit der Band plötzlich nicht mehr identifizieren. Darum ist für mich ganz klar: Wenn ich ein RAF-Camora-Album mache, dann muss das ein scheiß RAF-Camora-Album sein. Die Leute wollen das hören, was sie mit mir verbinden.

Aber wer genau ist denn nun RAF Camora? Du hast Dich in Deiner Karriere ja schon viele Male selbst neu erfunden. Es gab eine Straßenrap-Frühphase, es gab einen Dancehall-orientierten RAF 3.0. …

Ich würde sagen, der absolute RAF Camora-Archetypus ist der „Anthrazit“-RAF Camora („Anthrazit“ war sein 2017er-Studioalbum – Anm. der Redaktion). Aber in diesem Archetypus steckt auch ganz viel von den anderen RAF Camoras drin, die Du erwähnt hast. Bis auf mein Spaßprojekt „Zodiac“ und das Album „Hoch 2“, von denen ich heute am liebsten gar nichts mehr wissen will. Da hatte ich mich musikalisch wirklich ein Stück weit verlaufen (lacht).

„Das waren nicht mehr meine Metallica. Ich war abgefuckt“

Und auf „FOREVER“ gibt es nun also wieder den Archetypus „Anthrazit“-RAF?

Ich wollte kein Album machen, dass wieder genauso klingt, wie „Anthrazit“. Aber ich wollte es würdigen – indem ich Referenzen einbaue. Die erste Single „Connected“ ist eine Referenz an meinen Song „All Night“ – mit der Klaviermelodie zu Beginn und dem tiefen Bass. „Bottega“ ist eine Referenz an „Andere Liga“. Und von diesen kleinen Referenzen gibt es wahnsinnig viel auf der Platte. Deswegen heißt das Album „Forever“. Die Botschaft ist: Geschichte kann man nicht verändern, sie bleibt für immer – und das hier ist der Sound von RAF Camora und der wird auch immer so bleiben.

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Aber wie sehr ringst du da auch mit dir selbst? Du bist ja nicht nur ein Produkt, sondern auch ein Künstler. Du bist ja mehr als nur dein Markenkern.

Für mich war das nur am Anfang schwierig. In der Findungsphase. Damals habe ich einen Reggae-Track gemacht, dann einen Grunge-Track, dann war ich wieder komplett Straße. Ich wusste nicht, wer oder was ich als Künstler bin. Inzwischen habe ich eine ziemlich klare Identität gefunden. Und alleine durch meine Stimme und die Art wie ich rappe und singe, bin ich erkennbar. Ich kann ein Grunge-Sample nehmen, auf einen Trap-Beat packen und darüber rappen – es wäre immer noch RAF Camora. Was aber nicht geht: Ich könnte keinen kompletten Grunge-Song aufnehmen. Ich könnte nicht ganz anders singen. Das wäre nicht mehr ich. Das würde das Bild von RAF Camora beschädigen, und darum würde ich es nicht machen.

Es ist völlig ausgeschlossen, dass wir noch mal einen ganz neuen RAF hören?

Das Einzige, was mir wirklich in den Fingern juckt, wäre ein reines Grunge-Album zu machen. Wenn ich das aber jemals realisieren würde, dann unter einem anderen Namen. Und ich wäre auch nicht der Sänger. Das finde ich aber auch gar nicht schlimm. Ich fand schon bei Oasis Noel immer sehr viel cooler als Liam. Noel hatte damals in einem BRAVO-Interview mal gesagt, dass Liam vielleicht mehr Frauen abbekommt, er dafür aber das Geld und die Songs hat. Das hat mir gefallen. Es gibt viele Bands, bei denen das Mastermind nicht der Frontmann ist.

In deiner Autobiografie schreibst du, dass dich die Mechanismen hinter der Musik schon immer genauso interessiert haben, wie die Musik selbst. Damals, du warst 15, hast du generalstabsmäßig eine Metal-Band geplant.

Schau mal, ich kam aus dem 15. Bezirk in Wien. Dort lebten zu 98% Menschen mit Migrationshintergrund. Aber alle Bands, die im Rampenlicht standen, waren blonde, langhaarige Rock-Typen. Ich schaute mich in meinem Freundeskreis um und dachte: Scheiße, wir werden nie aussehen, wie eine Metalband aussehen muss. Einer der Jungs war Rumäne, einer war Türke. Und dann war da noch ich. Irgendwann entdeckte ich im Park einen Dänen. Keine Ahnung, wo der Kerl herkam, der stand da einfach rum (lacht). Aber der war groß, hatte lange Haare und sah aus wie ein Star. Darum habe ich ihn in die Band geholt. Das Problem: Der Kerl war komplett unmusikalisch. Darum ist aus der Band auch nie was geworden.

Wann kam der Moment, in dem du dich für HipHop statt für Heavy Metal entschieden hast?

Das begann eigentlich mit einer Verwechslung. Ich ging damals ins Rattlesnake, das war ein Punk-Store in Wien, wo man sich getroffen hat, um sich die neuesten CDs anzuhören. Je mehr Totenköpfe und Satansymbole auf dem Cover waren, desto interessanter waren sie für mich. So griff ich nach dem Cypress Hill-Album „Temples of Boom“. Ich legte es auf und verstand gar nicht, was da passierte. Erst hört man ein mystisches Klavier, dann setzte ein Beat ein und dann fing B-Real an mit seiner krassen Stimme zu rappen. Erst jetzt begriff ich: Scheiße, das ist gar kein Metal, das ist HipHop. Aber das war so düster und mystisch, dass es mich sofort in seinen Bann gezogen hat.

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Aber von Cypress Hill zu Straßenrap ist es noch ein großer Schritt…

Über Cypress Hill fand ich zum Crossover. Da gab es gerade eine Welle von von Bands, wie Downset oder die H-Blockx, die ziemlich erfolgreich waren. Und über Crossover fand ich dann immer mehr zum Rap. Damals war das aber noch französischer Rap, der lag mir mehr als US-Rap.

Warum?

Ich sprach fließend Französisch, mein English hingegen war nicht besonders gut. Aber ich wollte unbedingt verstehen, was die da rappen. Bei Rock und besonders Metal waren mir die Lyrics eher egal. Da wurde ja meistens sowieso nur geschrien, da ging es um die rohe Energie. Und die Texte, naja, wenn man mal ehrlich ist… ich liebe Nirvana, aber lyrisch ist das eigentlich nur Bullshit. Bei HipHop ist das anders. Da steht der Text im Fokus. Ich werde nie vergessen, als ich das erste Mal das Booklet zu „Evil Empire“ von Rage Against The Machine durchblätterte. Da hatte ein Song teilweise drei Seiten lang Text. Da steckte so viel Message drin, das hat mich fasziniert.

Als du dann selbst mit Rap angefangen hast, war Aggro Berlin gerade auf dem Siegeszug. Dein Verhältnis dazu war aber gespalten.

Als ich Aggro das erste Mal wahrgenommen habe, dachte ich mir: Endlich machen die Deutschen nun auch das, was die Franzosen machen. In Frankreich gab es Straßenrap seit den 1980er-Jahren. Dann sah ich Bushido und verstand sofort, dass er dasselbe gehört hatte, wie ich und einen Weg gefunden hat, das ins Deutsche zu übersetzen. Mir gefiel der Style und der Inhalt, aber musikalisch mochte ich die Interpretation nicht so wirklich. Aber das war für mich ein Anreiz, es selbst zu versuchen. Das war 2003/2004.

Ein paar Jahre später, 2012, hast Du Dich in RAF 3.0 umbenannt und Dancehall-Einflüsse kamen mit RAF 3.0.

Eigentlich kam das sogar schon viel früher. Nach meiner Metal- und vor meiner Straßenrap-Phase entdeckte ich Dancehall. Damals hieß das einfach noch Reggae. Ich fand es großartig. Es war tanzbar, aggressiv und voller Melodie. Ich experimentierte damit, aber ich dachte mir: Wer hört das schon? Besonders deutscher Reggae war unfassbar whack. Es gab damals eigentlich nur Culcha Cundela. Aber ja, 2012 wurde mir einfacher Straßenrap zu langweilig, ich entdeckte Dancehall neu und begann es mit meinem RAF-Sound zu mischen. Daraufhin lernte ich Bonez MC aus Hamburg kennen. Als wir 2015 das erste Mal telefonierten, erkannten wir sofort, dass wir dieselbe Vision teilten, wir beide wollten Straßen-Dancehall auf Deutsch machen. Wir wollten der Straßen-Peter-Fox werden.

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Mit Bonez nahmst du dann „Palmen aus Plastik“ auf. Bis heute eines der erfolgreichsten Deutschrap-Alben aller Zeiten. Und ein Album, mit dem ihr zum ersten Mal einen Sound geschaffen habt, der wirklich etwas Neues ist, nicht bloß eine Übersetzung…

…aber das war Zufall!

Zufall?

Ja. Eigentlich wollten wir nichts Neues schaffen. Eigentlich wollten wir klauen. Wir wollten puren Dancehall machen und ihn einfach auf Deutsch übersetzen. Das ist uns aber nicht gelungen. Die Zeit war verdammt knapp. Wir hatten nur drei Wochen für das Album, so dass wir uns nicht so krass auf die Beats konzentrieren konnten. Wir sagten unseren Produzenten, sie sollten sich einmal zwei, drei Dancehall-Tracks anhören und das kopieren. Aber was da rauskam, klang überhaupt nicht nach jamaikanischem Dancehall. Und Bonez mit seiner lustigen Art, brachte dann auch noch einen krassen deutschen Slang mit rein. Und dann noch der ganze Straßenshit, über den wir rappten. Es wurde aus Versehen etwas ganz anderes als geplant.

„Eigentlich wollten wir nichts neues schaffen. Eigentlich wollten wir klauen“

Hat es dich gewundert, dass diese Interpretation in Deutschland so extrem gut funktioniert?

Die springen meiner Meinung nach nicht auf den Dancehall-Sound an. Deutschland ist – genau wie Österreich – nach wie vor ein Schlagerland. Hör dir Ski-Aggu an. Das ist leicht verständliche Tanzmusik. So wie Rammstein Tanz-Metal war. Und auch wir hatten diesen Schlager-Touch mit den Beats und den leicht verständlichen Melodien. Ich glaube für Sachen wie R’n’B haben wir in Deutschland einfach nicht die Diaspora. Das funktioniert in Frankreich, weil es da eine große Gruppe an Menschen aus der französischen Karibik gibt, die diese Musik fühlen. Unsere Diaspora stammt aber aus dem Ostblock oder der Türkei. Und die haben eine ganz andere Musik.

Stichwort: Österreich. Du stammst aus Wien. Österreicher haben auch die deutsche Kultur in den vergangenen Jahrzehnten stark geprägt. Elfriede Jelinek hat das Theater, Thomas Bernhard die Literatur und Falco die Popmusik revolutioniert. Wie erklärst du dir das?

Ich weiß nicht, was bei uns im Trinkwasser ist. Aber ich bin mir sehr sicher, dass alle genannten Künstler dieselbe Erfahrung gemacht haben: Wien ist ein riesiger Joghurt. Du trittst und du trittst, aber du kommst nicht voran. Vielleicht gewinnst du dadurch so eine Beinmuskulatur, dass du wirklich etwas Besonderes ablieferst, damit du es schaffst, da rauszukommen. Alle Künstler verbindet deshalb auch eine Hassliebe zu der Stadt. Falco, der große Falco, der heute so geliebt wird, er hat Wien eigentlich gehasst. Weil er sich von den Wienern kleingehalten fühlte. Und trotzdem sang er in jedem Lied über diese Stadt. Genauso wie ich das tue.

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Als Falco damals hörte, dass er mit „Rock Me Amadeus“ auf Platz 1 in den USA gechartet ist, haben alle gefeiert – nur er nicht. Er sagte, dass ihm sofort klar war, dass es jetzt nur noch bergab gehen kann. Du hast eine ganz ähnliche Erfahrung gemacht, oder?

Ja, ich wollte mit meinem Album „Zenit“ 2019 eigentlich einen Abschluss finden. Weil ich wusste, dass die Motivation, immer noch weiterzukommen und noch größer zu werden, wahnsinnig toxisch ist. Ich hatte damals ja auch wirklich schon alles erreicht. Aber es hat sich etwas verändert: Ich habe mittlerweile eine andere Motivation weiterzumachen. Ich werde jetzt 41. Und wenn ich mir die Spotify „Top 50“ anschaue, bin ich wahrscheinlich einer der ältesten Rapper, der da stattfindet. Aber ich bin genauso fit wie die junge Generation. Körperlich. Mental. Textlich. Musikalisch. Und was den Hunger angeht.

Die Competition treibt dich an?

Einer meiner absoluten Lieblingskünstler ist der französische Rapper Booba. Der wird bald 50. Und er ist dennoch jedem überlegen – auf jedem Level. Geh mit ihm Thaiboxen – er fickt dich. Mach ein Rap-Battle gegen ihn – er fickt dich. Versteh das nicht falsch, ich will nicht die junge Generation battlen. Ich habe sehr, sehr viel Respekt vor der nächsten Generation, da sind große Künstler bei. Aber alleine zu wissen, dass ich mit denen mitlaufen kann, dass ich innovativ genug bin, noch immer einen Sound zu machen, der am Zahn der Zeit ist, das macht mich stolz. Und es fordert mich heraus.

„Die Zukunft ist Techno und elektronische Musik“

Du kommst aus einer Deutschrap-Szene, die noch eine eigene Subkultur war. Ihr habt Deutschrap schließlich so groß gemacht, dass er wirklich im Mainstream aufgegangen ist. Wie blickst du heute auf die Szene und ihren Status Quo?

Ich glaube, Rap wird wieder Underground werden. Bonez sprichz immer von den „intellektuellen Kopfnickern aus Göttingen“, die die einzigen sind, die wirklich verstehen, was er da macht (lacht). Die wirklichen HipHop-Heads werden Underground. HipHop ist gerade noch die dominante Jugendkultur, ja, aber sie wird gerade abgelöst, so wie HipHop damals Rock abgelöst hat. Die Zukunft ist Techno und elektronische Musik. Diese Spielformen werden den Pop beherrschen.

Und sie beherrschen ja auch schon den Rap. Künstler wie Ikkimel und Ski Aggu werden zwar noch als HipHop vermarktet, sind ja aber eigentlich ganz klar Techno, oder?

Nein, da würde ich widersprechen. Ski Aggu ist durch und durch HipHop. Er steht einem Kollegah näher als einem Kevin de Vries. Aggu hatte einfach die sehr gute Idee, auf Uptempo-Techno-Beats zu rappen, aber er kommt aus dem HipHop. Ich halte ihn für einen wirklich guten Rapper, der weiß, was er tut. Dennoch wird klassischer Rap-Rap eher Underground werden. Aber irgendwann kommt auch wieder ein neuer Deutschrap-Messias, der alles aufmischen wird. So wie 2003 Bushido. So wie 2011 Cro. Oder so wie wir 2016.

Markus Mansi / Mediahouse Berlin GmbH