Macklemore: Erneuter Völkermord-Vorwurf an Israel

Der Party-Rapper trägt Kufiya-Halstuch und haut Parolen raus. Resonanz im Publikum überschaubar

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Den Veranstaltern des „Deichbrand“-Festivals bei Cuxhaven wird ein Stein vom Herzen gefallen sein. Gegen Sonntagmitternacht (20/21. Juli) waren die Soli-Parolen für Palästina ihres Sonntags-Headliners Macklemore durch. Der US-Rapper hatte zwar weder eine vorbereitete Erklärung verlesen, mit der man die Absage-Forderungen jüdischer Organisationen abmildern wollte. Noch hatte er sich überhaupt einhegen lassen.

Zu Beginn seines Auftritts lief die Chose nach Berichten norddeutscher Lokalmedien eher deeskalierend. „Wir sind mit euch allen hierher gekommen, um das Leben zu feiern. Wir sind gekommen, um die Liebe zu feiern. Unser einziger Job heute Abend ist es, Spaß zu haben und Liebe zu verbreiten. Okay? Das ist alles“, so Macklemore. Wie beim Schweizer Gurten-Festival trug er zum weißen Outfit eine Mini-Kufiya als flottes Halstuch.

Später dann legte er aber im Rechthaber-Modus zwei Schippen drauf. „Ich bin sicher, dass es Menschen gibt – vielleicht sogar hier im Publikum –, denen gesagt wurde, dass es antisemitisch sei, sich gegen den Völkermord Israels am palästinensischen Volk auszusprechen. Lasst euch nicht von der kolonialen Sprache täuschen.“

Hintergrund-Geschichten aus dem Management

Die Menschen in Gaza würden „gezielt ausgehungert, eingemauert, überwacht, von der Welt abgeschnitten. Die Menschen in Palästina rennen dem Essen entgegen – und werden mit Kugeln empfangen“. Hunger sei kein Nebeneffekt, sondern „eine Strategie“.

Der Antisemitismusbeauftragte des Landes Niedersachsen Gerhard Wegner, der die Deichbrand-Debatte von Anbeginn kritisch begleitete und eine Absage der Show gefordert hatte, beobachtete vor allem Macklemores Ansagen. Er hätte sich dabei ein, zwei relativierende Sätze von ihm gewünscht, „zum Existenzrecht Israels“. Dann hätte man ihm „das auch abgenommen, dass er mit den Menschen im Gazastreifen wirklich leidet.“

Macklemore machte stattdessen Hintergrund-Geschichten aus dem Management öffentlich und stilisierte sich als Rebell. Es habe „Druck gegeben – von einigen in der deutschen Regierung, von Institutionen, von Sponsoren, hinter verschlossenen Türen –, um mich davon abzuhalten, das hier zu sagen. Um mich und meinen Auftritt heute Abend abzusagen“.

Macklemore zieht weiter durch Europa

Am Ende des Tages blieb die Agitation im Kontext seiner Party-Rap-Schoten wie „Thrift Shop“ oder Can’t Hold Us“ erwartbar. Die Wirkung insgesamt war überschaubar. Zum Song „Hind’s Hall“ gab es „Free Palestine“-Rufe. Doch anders als etwa in Großbritannien wurden nur vereinzelt Schwarz-Weiß-Grün-Rote Palästina-Flaggen im Publikum geschwenkt. Macklemore zieht weiter durch Europa. Eine Absage des Ganzen hätte weit mehr Schaden und öde Cancel-Culture-Debatten verursacht.

Ralf Niemczyk schreibt freiberuflich unter anderem für ROLLING STONE. Weitere Artikel und das Autorenprofil gibt es hier.