Jenny Lewis

Acid Tongue

Beggars

Für „Acid Tongue“ musste man schon dankbar sein, bevor man den ersten Ton gehört hatte. Denn bei den Aufnahmen zu diesem zweiten Soloalbum der Rilo Kiley-Sängerin Jenny Lewis entstanden auch die ersten Songs für „Momofuku“, das schließlich blitzschnell aufgenommene und veröffentlichte beste Elvis-Costello-Band-Album der letzten 22 Jahre.

Auch Jenny Lewis hat für die Aufnahmen des „Rabbit Fur Coat“-Nachfolgers nur ganze drei Wochen gebraucht. Analog live im Studio eingespielt von den Imposters (minus Steve Nieve), Zooey Deschanel, Chris Robinson von den Black Crowes, M. Ward und so weiter. Die lieblichen Watson Twins, die auf „Rabbit Fur Coat“ für die schönen Gospelharmonien sorgten, sind leider nicht mehr dabei, doch auch die Fleetwood Mac-Karaoke vom letzten Rilo Kiley-Album „Under The Black Light“ hat Lewis hinter sich gelassen.

„Acid Tongue“ kommt mit all den Vorteilen, die eine spontane Session mit allerhand Gaststars eben mit sich bringt, ist verjammt und verzaubernd, unfertig und rau, vergniedelt und inspiriert. Imposters-Bassist Davey Faragher gibt den Songs einen tiefen geschmeidigen Soulgroove, auf den die Lewis mal sexy verrucht, mal mädchenhaft verletzlich antwortet. Eine Kombination, die mit „Bad Man’s World“ und dem streicherseligen, herzzerreißenden „Trying My Best To Love You“ für zwei der Höhepunkte auf „Acid Tongue“ sorgt.

Auch Elvis Costello hat zwei Gastauftritte, blutet im Refrain des grandiosen countryesken Titelsongs und bellt sich mehr schlecht als recht durch das mediokre Country-Rock-Duett „Carpetbaggers“, das ebenso wie all die anderen rauen Jams auf „Acid Tongue“ nicht so richtig funktioniert. „See Fernando“ startet wie Patti Smith und reitet dann auf einer ABBA-Melodie ins Nirgendwo, „The Next Messiah“ wechselt ziellos alle zwei Minuten die Gestalt, vom dunklen Stomp zum gefälligen Rockabilly, zum Funk, zum B 52s-Hysterikum, „Jack Killed Mom“ ist wenig mehr als eine alberne White Stripes-Pastiche.

Auf einem simplen 80er-Jahre-Gitarrenmotiv kommt das Album schließlich zu einem rührseligen Ende: „To who you are and will never be/ To the shaking hand of the maker we’re all gonna meet/ If you sing a song sing a song for them.“ Hoffen wir, dass die liebreizende Jenny Lewis bald auch wieder einmal für uns singt. (Rough Trade/ Beggars)