Das kalte Herz der Macht

Unser Kolumnist über psychopathische Machthaber und den Gollum-Effekt

Der amerikanische Mediziner Hervey Cleckley zeichnet in seinem 1941 erschienenen Buch „The Mask of Sanity“ das klare Bild des psychopathischen Typus: „Der Psychopath ist eine intelligente Person charakterisiert durch Gefühlsarmut, fehlendes Schamgefühl, Angstlosigkeit, Immunität gegen Bestrafungen, Unberechenbarkeit, Unverantwortlichkeit, manipulatives Verhalten und oberflächlichen Charme. Er ist nicht vertraut mit den primären Fakten oder Daten dessen, was wir als persönliche Werte bezeichnen könnten, und ist völlig unfähig, derlei Dinge zu verstehen. Er ist nicht in der Lage, auch nur das geringste Interesse an der Tragödie, der Freude oder dem Streben der Menschheit aufzubringen, wie es in der ernsthaften Literatur oder Kunst dargestellt wird. Auch im wirklichen Leben zeigt er Gleichgültigkeit gegenüber diesen Dingen. Schönheit und Hässlichkeit, Gut und Böse, Liebe, Schrecken und Humor haben – außer in einem sehr oberflächlichem Sinn – keine Bedeutung für ihn und keine Macht ihn zu berühren. Des weiteren fehlt ihm die Fähigkeit zu erkennen, dass andere gerührt sind. Es ist, als wäre er trotz seines scharfen Verstandes blind gegenüber diesem Aspekt der menschlichen Existenz. Man kann es ihm nicht erklären, weil es in seiner Bewusstseinsspähre nichts gibt, was, um diese Lücke zu schließen, zum Vergleich herangezogen werden könnte. Er kann die Worte wiederholen und leichthin sagen, dass er versteht, und es ist ihm unmöglich zu erkennen, dass er nicht versteht.“

Dies ist weitgehend dasselbe Bild, das die Kliniker des 21. Jahrhunderts von dieser Persönlichkeitsstörung haben. Psychopathen sind dazu in der Lage die größten Grausamkeiten ohne ein Augenzwinkern zu verüben, die Reaktion der Opfer lässt sie völlig kalt. Für viele Menschen in Führungspositionen (die nicht sadistisch veranlagt sind) mag diese weit verbreitete Veranlagung von Vorteil sein, sie bewahren auch in stressigen Situationen stets einen kühlen Kopf, um ihre Ziele durchzusetzen. Wenn aber Staatenlenker mit überbordenden Allmachtsphantasien diese Disposition aufweisen, kann das für ihre Mitmenschen auf Dauer nur Unheil bedeuten.

Über viele Jahre hat Putins System der Desinformation, Verschleierung, Unberechenbarkeit, Manipulation und plötzlich brutal zuschlagender Gewalt, das bereits so viele Opfer gefordert hat, funktioniert, und er hätte vermutlich noch eine kleine Ewigkeit so weitermachen können. Aber den Krieg gegen die Ukraine zu beginnen, war eine wirkliche Dummheit. Denn dieser Krieg wird alles bewirken, was Putin eigentlich hätte verhindern wollen: Der Westen rückt zusammen, die Reihen, die vorher unentschlossen geöffnet standen, schließen sich. Die Konten seiner Oligarchenkumpel werden gesperrt (krank genug, dass dieses ganze geraubte Blutgeld sicher in der Schweiz ruhen darf). Vor allem aber: die westlichen Abhängigkeiten von russischen Rohstoffen, die jenes brutale System ermöglichten, werden gelöst. Putin hat tatsächlich sein eigenes Ende eingeleitet.

Wladimir Sorokin, einer von Russlands bedeutendsten zeitgenössischen Schriftstellern*innen schreibt dazu in der SZ: „Wer ist schuld? Wir, die Russen, sind schuld. An dieser Schuld werden wir zu tragen haben, bis das Putin-Regime zusammenbricht. Dieser Zusammenbruch wird kommen. Der Überfall auf die freie Ukraine ist der Anfang vom Ende. Der Putinismus ist dem Untergang geweiht, denn er ist der Feind der Freiheit, er ist der Feind der Demokratie. Das haben die Menschen nun endgültig begriffen. Er hat ein freies, demokratisches Land überfallen, weil es frei und demokratisch ist. Er ist geliefert, weil die Welt der Freiheit und der Demokratie größer ist als seine finstere, verdrossene Butze. Geliefert, weil er auf ein neues Mittelalter aus ist, auf Korruption, Lüge, Missachtung menschlicher Freiheit. Weil er – Vergangenheit ist. Und wir sollten nun alles tun, damit dieses Monster ein für alle Mal Vergangenheit bleibt.“

Was aber tut die Menschheit in Zukunft mit diesen immer wieder auftauchenden Psychos?

Ich bin für die minimalinvasive Lösung: Jeder Führer einer großen Nation (oder auch Firma) bekommt für seine Führungszeit einen Chip mit einer Minidosis TNT implantiert. Wenn er zu einer Gefahr für die Menschheit mutiert (der Gollum-Effekt tritt bei Männern in der Regel nach etwa 6 bis 8 Jahren sukzessive in Erscheinung), wird er nach Beratung und Beschluss einer Dreiviertelmehrheit der 15 Mitglieder des Weltsicherheitsrates in die Luft gesprengt. Dadurch könnten wir uns die ganze Aufregung, die Kosten, das Militär und die Hochrüstung, die Propaganda, die Umweltkatastrophen, die Auseinandersetzungen und Kämpfe und all die Menschenleben sparen. Menschliche Wähler sind häufig durch die Nebel der Macht (Propaganda) verblendet, lassen sich täuschen und helfen irren Freaks in Positionen, in denen ihr Wahnsinn schillernd erblühen kann. Da diese Auswirkungen in einer globalisierten Welt auch die meisten anderen Weltbewohner betreffen muss, die Gesamtheit der Betroffenen über das Schicksal des Ursupatoren abstimmen dürfen:

Der Eine, der die Welt an den Abgrund treibt, muss gehen!

Autorenbild von Kerstin Behrendt

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